Wir nahen einem Denkmale des Mittelalters, das in kraftvollen Zügen die Fertigkeit der deutschen
Meister ausspricht, das in Form und Ausführung als eine der schönsten Schöpfungen der Kunst sich
erhebt. Ein schönes Denkmal in dem damals herrschenden Rundbogen-Styl glänzt vor uns in aller
Pracht der Kunst, die
goldene Pforte %u Freiberg
im sächsischen Erzgebirge, die ihren Zunamen mit vollem Rechte führt, nicht nur wegen der Reste
der Vergoldung, die aus frühem Zeiten sich erhielten, auch in Betreif der vollkommenen Behandlung in
Architektur und Sculptur.
Diese Pforte ist der einzige Rest der ersten Kirche dieser Stadt, der Frauenkirche 1 ). Und
was zu ihrem Werthe nicht wenig beiträgt, ist die gute Erhaltung, befördert durch eine mit dem
Kreuzgange der Kirche verbundene Halle. In frühem Zeiten war ihr noch ein besonderer Schmuck
mitgetheilt 2 ), ein bei feierlichen Gelegenheiten vor ihr errichteter Baldachin, von Säulen unterstützt,
die in der Domkirche annoch aufbewahrt werden.
Wünschen wir nun Auskunft über die Entstehung dieser Kirche, über das Jahr ihrer Gründung,
Uber ihren Gründer, so suchen wir umsonst in der Geschichte. Keine archivalischen Nachrichten geben,
nach deshalb eingezogenen Erkundigungen, Auskunft, und Klotzsch behauptet bestimmt 3 ), aus jenen
frühem Tagen Freibergs, aus Otto’s des Reichen Zeiten, zu dessen Besitzungen die Gegenden gehörten,
wo jetzt Freiberg liegt, sei keine Urkunde zu entdecken. Möller in seinen Freibergischen Annalen,
erwähnt nur beiläufig, die Frauenkirche sei bald nach der Anlegung der Stadt erbaut
worden, sie wäre aber im Jahre 1484 durch Feuer verwüstet worden, worauf Herzog Albrecht von
Sachsen und Landgraf von Thüringen, den jetzigen Dom zu bauen angefangen.
>) Man hat die Jacobslärche für älter gehalten, allein Klotzsch beweisst das Gegentheil. Klotzsch, Sammlungen
von Nachrichten zur sächsischen Geschichte, Th. VII, S. 37.
Elbblätter v. J. 1826, Nr. 9, S. 185,10, 11. Sie enthalten einen Aufsatz über den Dom zu Freiberg, er
wähnen aber die goldene Pforte nur beiläufig.
3 ) Klotzsch a. a. Orte, Th. I, S. 136.