Full text: Einleitung in die höhere Optik

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Erste Abtheilung. Achtes Caphel. 
was schon willkürlich ist, dem natürlichen Lichte geradlinige 
Schwingungen unterlegen. Wenn nämlich auch die Schwingun 
gen, welche in einem bestimmten Azimuthe liegen, nicht lauter 
gleiche Amplituden besitzen, sondern diese innerhalb gewisser 
Grenzen schwanken, so dass die entsprechenden Intensitäten eine 
constante, mittlere Intensität liefern, und wenn obendrein von 
einer Reihe gleich gerichteter Oscillationen zur andern sich die 
Phase änderte, wird das Resultat offenbar dasselbe wie in dem 
betrachteten Falle sein. Die in demselben Azimuthe gelegenen 
Oscillationen würden alsdann einen geradlinig polarisirten Strahl 
liefern, wie wir ihn uns immer früher gedacht haben, um die all 
gemeinste Vorstellung zu bewahren. Alle diese Strahlen setzten 
sich dann zu einem nicht polarisirten zusammen. Diese Bedin 
gungen können wir in dem Versuche hersteilen und so die obi 
gen Betrachtungen auf die Probe stellen. Der deutsche Physiker 
Dove *) liess wirklich auf einen rasch und gleichförmig rotiren- 
den, polarisirenden Kalkspath natürliches Licht parallel mit der 
Dreh-Axe auffallen. Das herausfahrende Licht bestand aus lau 
ter gleich intensiven, geradlinig polarisirten Strahlen, deren Oscil- 
lations-Ebene nach gleichen Zeiten um gleichviel im Azimuthe 
weiter rückte. Dabei war die Umdrehungs - Zeit im Vergleich 
mit der Dauer der Oscillationen ungeheuer gross, während sie 
andererseits zu klein war, um für unser Auge als messbar aufzu 
treten. Das so erzeugte Licht verhielt sich nun wirklich wie na 
türliches; in’s Besondere wurde es von einem Kalkspathe in zwei 
gleich helle Bündel zerspalten und verrieth keine Spur von Po 
larisation. Dies darf jedoch begreiflicherweise nur stattfinden, so 
lange die Dauer des aus dem rotirenden Kalkspathe heraustreten 
den Lichtes wenigstens die Umdrehungs-Zeit, oder ein Vielfaches 
derselben ganz ausfüllt, so dass wirklich alle die verschiedenen 
Zustände, deren rasche Folge die Polarisation vernichtet, in’s Auge 
gelangen. Es musste wieder geradlinige Polarisation auftreten, 
sobald sich die Oscillations-Ebene während des Leuchtens nur 
um einen sehr kleinen (verschwindenden) Winkel drehen konnte. 
*) Ueber Darstellung des Weiss aus Complementar-Farben und über die op 
tischen Erscheinungen, welche in rotirenden Polarisations-Apparaten sich zei 
gen. Pogg. Ann. LXXI.
	        
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