Full text: Einleitung in die höhere Optik

Das natürliche Licht 
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Dovc beobachtete dies auch, als er den rotirenden Kalkspatli 
durch den Entladungs -Funken einer Leydener Flasche erleuch 
tete, dessen Dauer bekanntlich sehr kurz, dessen Intensität aber 
gross genug ist, um auf das Auge trotz der Kürze der Zeit einen 
vernehmlichen Eindruck zu machen. Die Trägheit der Netzhaut 
verlängert diesen Eindruck gleichsam, sowie sie es auch ist, wel 
che bei länger anhaltender Beleuchtung die aufeinander folgen 
den Eindrücke zur Deckung bringt. 
In dem natürlichen Lichte ist man nicht im Stande, dadurch, 
dass man seine Dauer verringert, Polarisation zu entdecken; und 
hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen ihm und dem 
durch das beschriebene Verfahren künstlich hergestellten, unpola- 
risirten Lichte. In dem natürlichen Lichte müssen wir daher ehie 
für uns unendlich rasche Aufeinanderfolge in den Azimuthen der 
verschiedenen Oscillationen annehmen. 
In die Art und Weise, wie wir das natürliche Licht auf ge 
radlinige Schwingungen zurückgeführt haben, sind mehre Annahmen 
eingeflossen, die nicht als nothwendig erscheinen, und deren Unter 
drückung in dem Endresultate keine Aenderung bewirken würde. 
Dahin gehört die Annahme, dass das Azimuth stetig mit der Zeit 
wachse, dass in jedem Azimuthe gleich viele Oscillationen liegen, 
dass alle die Oscillationen eines bestimmten Azimuthes einander 
folgen, che zu einem andern Azimuthe übergegangen wird. Wir 
lassen sie fallen und gelangen so zu folgender, der Erscheinung 
genügender Vorstellung: Das unpolarisirte Licht besteht aus 
Gruppen von vielen, unter einander gleichen und geradlinigen 
Oscillationen. Die Oscillations-Kiclitungen dieser Gruppen durch 
laufen in sehr kleinen Zeiten alle möglichen Azimuthe. Dabei 
ist der Mittelwerth der Intensitäten aller Oscillationen von einem 
Azimuthe zum andern constant, wenn die Intensität des Lichtes 
es ist. 
Setzt sich ein solcher Strahl unpolarisirten Lichtes mit einem 
zweiten zusammen, von dem nur angenommen wird, dass seine 
Strecken gleicher Oscillationen mit denen des ersten zusammen 
fallen , so wird der resultirende Strahl ebenso wenig eine Seit- 
lichkeit verrathen als eine seiner Composanten. Seine Schwin 
gungen werden aber im Allgemeinen elliptische sein, die sich von 
einer Strecke gleicher Oscillationen zur andern in Grösse, Axen-
	        
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