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Zweite Abtheilung. Drittes Capitel.
liegen und in Folge dessen oder auch unabhängig davon von
ungleich grossen inneren Kräften sollicitirt werden. Um aber
neben dem Anisotropismus die Homogeneität zu bewahren, neh
men wir an, dass nach einer jeden einzelnen Richtung die Distanz
und die Kräfte zweier nächst auf einander folgender Moleküle
ungeändert dieselben bleiben, wo übrigens auch jene gelegen sein
mögen. Eine besondere Stütze für diese Ansicht bietet gerade
das Krystallisations - Gesetz, d. i. die Regel dar, nach welcher
die Krystalle von ebenen Flächen begrenzt werden. Wir halten
es für angemessen, mit einiger Ausführlichkeit auf diesen Gegen
stand hier einzugehen.
Um eine der Flächen analytisch darzustellen, die einen vor
liegenden Ivrystall, sei er nun ein Mineral oder ein chemisches
Product, begrenzen, legt man irgend ein Raum - Coordinaten-
System zu Grunde und sucht die Neigung der Normalen jener
Fläche gegen die 3 Coordinaten-Axen auf. Sind a, ß, y diese
Winkel, so wird die Fläche, ohne Rücksicht auf ihre wirk
liche Lage, sondern nur mitRücksicht auf ihren Zug,
durch die Gleichung cos. a • x -(- cos. ß • y -j- cos. y • z — 0
dargestellt. Nehmen wir zunächst irgend drei Flächen der Kry-
stallform selbst zu Coordinaten - Ebenen, so liefert die sphärische
Trigonometrie leicht aus den zu messenden Kanten winkeln des
Krystalles jedesmal für eine Fläche die drei Winkel a, ß und y.
Von diesem Coordinaten-Systeme kann man mittelst der Trans
formations-Formeln der analytischen Geometrie zu jedem anderen
übergehen und in Bezug auf das neue System die analytischen
Ausdrücke der Krystallfiächen erhalten. Im Allgemeinen zeichnet
sich nun unter allen möglichen Systemen wenigstens eines dadurch
aus, dass bei seiner Zugrundlegung sämmtliche Flächen des Kry
stalles zu einander in eine sehr einfache Beziehung gebracht wer
den. Bedeuten nämlich x, y, z die Coordinaten eines
solchen ausgezeichneten Systemes und a, ß, y die
Neigungswinkel der Normalen irgend einer Krystall-
fläehe gegen die Coordinaten-Axen, so wirdje^e an
dere* Fläche, unter a, b und c rationale Zahlen ver
standen, durch eineGleichung von derForin a cos.a - x
-(- b cos. ß ■ y -f- c • cos. y ■ z = 0 dar gestellt,
wenn man wiederum nur den Zug der Fläche im Auge