Full text: Einleitung in die höhere Optik

Das tetragonale und hexagonale System. 2G3 
einen so hohen Grad der Deutlichkeit erreiche, dass sie ohne 
Weiteres in die Augen springt. 
Die Entdeckung dieses Gesetzes verdanken wir dem um die 
Optik hochverdienten Brewster. Er wies die Existenz einer 
einzigen optischen Axe bei einer sehr grossen Anzahl tetragonaler 
und hexagonaler Krystalle, sowie ihrer Coïneidenz mit der kry- 
stallographischen Hauptaxe nach. Diesen wichtigen Beobachtun 
gen fügte er im Jahre 1815 die Entdeckung der später zu er 
wähnenden Doppelbrechung mit zwei optischen Axen bei den 
Krystallen des iso-, mono- und triklinischen Systèmes hinzu, und 
erkannte hierbei die Bedeutung, welche den krystallographischen 
Axen auch in Bezug auf die optischen Verhältnisse zukommt. 
Huyghens (f 1695), derselbe, welcher das D esc arte s’- 
sche Gesetz aus der Undulations - Theorie ableitete, gab auch 
eine genügende Erklärung der Doppelbrechung des Kalkspathes ; 
er leitete sie aus der Annahme einer Wellenfläche ab, die in 
ihren allgemeinen Form- und Lagen-Verhältnissen genau mit der 
jenigen übereinstimmt, die wir auf einem ganz anderen Wege so 
eben für die tetragonalen und hexagonalen Krystalle gefunden haben. 
Die gründlichste Ausführung des Huy g he ns ’sehen Gesetzes 
bei der Brechung des Kalkspathes und Bergkrystalles, die Be 
stimmung der mittleren Hauptbrechungsquotienten dieser Körper, 
sowie eine grosse Anzahl verificirender Versuche hat Malus in 
seiner „Theorie de Ia double réfraction 1810“ veröffentlicht. Die 
Polarisation des Lichtes, welche eben dieser Physiker im Jahre 
1808 entdeckte, führte in die Theorie der Doppelbrechung zwei 
neue Momente, die Polarisations-Richtung und die Intensität, ein. 
Das sogenannte Cosinus - Gesetz, d. i. das Gesetz, wonach sich 
bei senkrechter Incidenz die Intensitäten der gebrochenen Strah 
len bestimmen (s. I. Abth. S. 119), rührt von Malus her*). Die 
Polarisations-Verhältnisse bei der Doppelbrechung wurden in 
ihrer ganzen Allgemeinheit von dem berühmten französischen 
Optiker Fresnel (f 1826) in einer Abhandlung entwickelt, die 
er 1821 der französischen Akademie vorlegte, und die unter Anderem 
1825 in den „Annales de chimie“ im Auszuge veröffentlicht wurde. 
*) Ueber die von Arago angestellten Prüfungen dieses für die neuere 
Photometrie so wichtigen Gesetzes s. Moigno, rep. d’opt. mod., t. 4, p. 1776.
	        
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