Full text: Einleitung in die höhere Optik

60 Erste Abtheilung. Viertes Capitel. 
geradliniger Schwingungen hervorgeht, die in der Richtung dreier 
auf einander senkrechter Axen vor sich gehen; dabei bleibt noch 
die Wahl dieser Axen unbeschränkt. Wir wollen eine von ihnen 
mit der Richtung des Lichtbündels oder der parallelen Strahlen 
zusammenfallen lassen, also senkrecht auf die Wellenebene anneh 
men. Die Schwingung eines Aethertheilchens tritt uns alsdann 
im Allgemeinen entgegen als die Resultante aus einer Schwin 
gung, die in der Richtung der Fortpflanzung senkrecht zur Wel 
lenebene vor sich geht, und die man longitudinal nennt, so 
wie ferner aus zwei Schwingungen, die senkrecht zur Richtung 
der Fortpflanzung in der Wellenebene vor sich gehen, deshalb 
transversal genannt werden und selbst wieder auf einander 
senkrecht stehen. Es sind nun hiernach drei Fälle als möglich 
denkbar: es könnten im Besondern die Oscillationen nur trans 
versale sein, oder nur longitudinale, oder, was der allge 
meinste Fall wäre, aus beiden Arten von Schwingungen resultiren. 
Die Seitlichkeit des polarisirten Lichtes lässt sich unmöglich aus 
longitudinalen Schwingungen allein erklären, wohl aber aus trans 
versalen. Jedenfalls müssen wir daher die Existenz der letzteren 
im polarisirten Lichte unterstellen. In Betreff der longitudinalen 
Schwingungen, welche die transversalen möglicherweise noch be 
gleiten, kann man erstlich die Annahme machen, dass sie beim 
Durchstrahlen eines Kalkspathes vernichtet werden; alsdann be 
stände das polarisirte Licht blos aus transversalen Schwingungen. 
Zweitens aber könnte man auch annehmen, dass sie, irgendwie 
modificirt, aus dem Kalkspathe wieder herausträten. In dem 
Lichte, welches durch den ersten Kalkspath in dem oben beschrie 
benen Versuche polarisirt wird, befänden sich alsdann longitudinale 
Schwingungen, und diese müssten sich auch durch den zweiten 
Kalkspath fortpflanzen, indem sie dabei irgendwie, aber, welches 
auch die Stellung des letzteren Krystalles sei, immer auf gleiche 
Weise modificirt werden. Bei der senkrechten Kreuzung der 
Hauptschnitte tritt aber aus der zweiten Hülse durchaus keine 
wahrnehmbare Lichtbewegung. Existiren also longitudinale Schwin 
gungen, so sind wir doch nicht im Stande, sie mit unserem Sinne 
zu vernehmen. Welche von den beiden obigen, einzig möglichen 
Annahmen w r ir auch gelten lassen mögen, jedenfalls sehen wir 
uns genöthigt, das polarisirte Licht, insofern es in die
	        
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