Radiochemie und die alcheinischen Probleme.
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die man mit den Cooligderöhren erreicht (K-Strahlen des Wo, siehe 119.),
werden die ^-Elektronen mit Spannungen bis zu 245000 Volt (siehe 42., 124.)
ausgeschleudert. Es bedarf also noch einer Steigerung um das Zehnfache,
um radioaktive Erscheinungen künstlich hervorzurufen.
Rutherford (Phil. Mag. (6) 34, 159; 1917) hat die Ablenkung der ß-
Strahlen im magnetischen Spektrum (vgl. 124., Amn. 7 S. 270) für die
RaC-Strahlen benutzt, um die Ablenkungsspannung zu ermitteln; für
die 11 Gruppen dieser Strahlung fand er Werte von 180000 bis 2,1 Millionen
Volt. Diese Größe folgt auch aus dem Einsteinschen Gesetz, wenn man
die Wellenlänge der durchdringendsten RaC-Strahlung zu 0,02 AE ansetzt.
Dessauer (1917, 1919, vgl. S. 82) erreichte mit 256 KV erst Wellen, die
etwa der K-Strahlung des RaB entsprachen. Für diese Strahlung ist
die Absorption ¡x in Al 0,24. Da die Absorption ¡x für RaC 0,115 beträgt,
folgt bei Gültigkeit der Einsteinschen Gleichung eine Erzeugungsspannung
für RaC von 500 KV.
108. Einige Wege für die Umwandlung.
Die gesamte Energie, die eine Umwandlung erfordert, ist nach unseren
jetzigen Hilfsmitteln nicht zu beschaffen. 1 ) Eine Steigerung der Mittel,
wie sie seinerzeit Davy beim elektrischen Strom gelang und durch die °s
möglich wurde, die Alkalien zu zerlegen, ist jetzt kaum noch zu erwarten.
J. J. Thomson * 2 ) glaubt aber, daß schon geringere Energiemengen, als
oben angegeben, ausreichen würden. Es ist vorauszusetzen, daß bei allen
chemischen Elementen Radioumwandlungen stattfinden. Wir merken
aber nichts von ihnen, weil die Elektronen und a-Teile, die bei dieser Um
wandlung entstehen, zu geringe Geschwindigkeit besitzen. Diese reicht
nicht aus, daß die Elektronen und a-Teile (Helium, Wasserstoff) die An
ziehungssphäre des Atoms verlassen.
Führen wir aber soviel elektrische Energie zu, daß dieseTeile beschleunigt
werden, so daß sie aus dem Atom austreten, so erkennen wir, ob und wie
viel von einem Element umgewandelt ist. Die Energie für eine solche Zusatz
spannung steht uns schon zur Verfügung. •
J. J. Thomson bediente sich konzentrierter Kathodenstrahlen im
hohen Vakuum, die in einem Brennpunkt sich vereinigten, in dem sich
die Substanz befand. Auf diesem Wege wurden die radioaktiven Produkte
H, He (siehe 99.) entfernt. Die ersten derartigen Versuche rühren von
Piazzi Smith (1889) her. Dieser fand, daß in Entladungsrohren einge
schlossenes Chlor- oder Jodgas vollständig im Laufe der Jahre verschwand
und dafür Wasserstoff vorgefunden wurde. Es ist zweifelhaft, ob diese
Erscheinung als Umwandlung zu deuten ist. Versuche in dieser Richtung
waren bisher sonst stets negativ, so z. B. von Jorissen und Vollgreff (1915).
Diese zeigten, daß Uranoxyd durch Kathodenstrahlung nicht zu zerlegen
ist, ebensowenig kann Bi in TI umgewand dt werden, obwohl diese in radio
aktivem Zusammenhang stehen.
*) In der Natur finden wir eine solche Energiequelle in der atmosphärischen
Entladung, im Blitz.
2 ) Positive Strahlen, S. 122.