Ursubstanz, Bausteine der Elemente und Elementumwandlung.
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112. Ramsays Versuche über den Abbau von Elementen innerhalb
derselben Gruppe.
Noch mehr umstritten sind die Versuche Ramsays zusammen mit
Cameron und Usher aus den Jahren 1907—09. Die Emanation zersetzt das
Wasser — ein Vorgang, der leicht verständlich ist, da bei dem radioaktiven
Zerfall ß-Elektronen (also ein elektrischer Strom) das Wasser durchsetzt.
Ramsay behauptet nun, daß, wenn Kationen im Wasser gelöst sind, die
Zerfallsenergie zur Spaltung einiger Kationen neben der Wasserzersetzung
ausreicht. War 0,27 g Cu als Sulfat gelöst, so fand man 0,00017 mg Lithium.
Parallele Versuche mit äquivalenten Mengen Ag waren negativ. In den
zur Familie des Kohlenstoffs gehörenden Elementen Si, Ti, Zr, Th und Pb
wurde durch die Emanation eine Verwandlung in C, der als C0 2 auftrat,
bewirkt. Es wurden in einem halben Jahre Mengen von 0,1—3 mg C er
halten. Untersucht wurden Lösungen von (300 g) Thoriumnitrat, von
H 2 SiF 6 , Ti(S0 4 ) 2 , Zr(N0 3 ) 4 , Pb(C10 3 ) 2 . Aus der Luft konnten die Gase
nicht stammen, da kn'n Stickstoff in ihnen enthalten war. Neben C0 2
war He (aus d a r Umwandlung der Emanation stammend) vorhanden.
Die Versuche, die in anderen Laboratorien, besonders in dem von
Frau Curie (Frl. Gleditsch, Herchfinkel), von Hartley, Perman ausgeführt
wurden, haben diese Ergebnisse nicht bestätigt. Es zeigte sich, daß Cu
Spuren von Li enthielt, ebenso das destillierte Wasser und das Gas, mit
dem die Lösungen in Berührung kamen. Beim Arbeiten mit Quarzgeräten,
mit Platin- und Goldschalen war von einer Verwandlung des Cu in Li nichts
zu merken. Nach Versuchen von Mc Coy ist allerdings Li und Cu in Radio
mineralien vorhanden; es besteht aber kein Zusammenhang zwischen Li,
Cu und Ra. So kann ein Cu-freies Mineral Li enthalten und umgekehrt.
Herchfinkel zeigte, daß die Emanation alle organischen Substanzen (Fett
und Staub) zu Kohlensäure verbrennt. In parallelen Versuchen konnte ein
Zusatz von 0,1 ccm C0 2 nachgewiesen werden. Wenn bei Thoriumnitrat
lösungen diese Spuren von organischer Substanz vermieden werden, wird
auch keine C0 2 erhalten. In einem Versuch, der 12 Tage dauerte, wurden
aus 125 g Thorsalz bei Anwesenheit von 0,1 g Ra 1 ccm C0 2 erhalten; die
gleiche Menge lieferte (ohne Ra) zumTh-Salz zugesetztes Kaliumpermanganat.
Ramsay hat 1911 aber darauf hingewiesen, daß bei seinen Versuchen der
artige Fehler durch organische Substanzen vermieden waren. Das Thorsalz
wurde zur Rotglut erhitzt und dann in Salpetersäure gelöst und unter Aus
schluß von Staub umkriatallisiert. Die Emanation (aus 0,6 g RaBr 2 ) wurde
mit Ätzkali gereinigt und kam nicht in Berührung mit gefetteten Hähnen
oder Kautschukschläuchen. Parallelversuche mit Ba-, Hg-, Ag-Salzen
gaben keine oder nur winzige Spuren von C0 2 .
113. Angebliche Elementenumwandlung in neuerer Zeit.
Die radiochemischen Erfahrungen im Verein mit den vorstehenden Ver
suchen lehren, daß von den Elementen sich nur ein kleiner Bruchteil der Masse
umwandeln kann. Es ist daher anzunehmen, daß alle Umwandlungen in wäg
barer Menge auf Täuschungen beruhen, entstanden aus fehlerhaften analytischen
Methoden oder unkritischen Beobachtungen. Derartige, zur Alchemie zu rechnende
Versuche haben seit Ende des 18. Jahrhunderts, nach der eigenartigen Gründung
der hermetischen Gesellschaft durch den Arzt Dr. Kortum, keinen großen Resonanz