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Radiochemie und die alchemischen Probleme.
boden mehr in Deutschland gefunden. In Paris aber hat die okkulte Chemie
oder Hyperchemie zahlreiche Jünger gefunden. Sie steht in enger Berührung
mit allen metaphysischen Lehren und Afterwissenschaften, mit Theosophie, Magie,
Okkultismus, Kabbalistik, Astrologie. Es besteht seit 1895 eine Gesellschaft für sie,
mit einer eigenen Zeitschrift (Redakteur Castelot, siehe 105.). Sie unterstützte
die Herausgabe der alchemistischen Schriften des Mittelalters durch A. Poisson.
Zu diesem Kreis 1 ) gehörte der Dichter Strindberg, der sich viel mit Chemie be
schäftigte und in einer Reihe von Schriften (1894—97) 2 ) sich zur Stoffumwandlung
nach alchemischem Muster bekannte. Er glaubte durch Einwirkung von Ammoniak
auf Eisenlösungen Niederschläge erhalten zu können, die sich in Gold umwandelten.
In seinem Nachlaß haben sich in der Tat auf Glasplatten 3 ) goldglänzende Über
züge gefunden. Die Pariser Gesellschaft scheint vor allem in den Spuren Tifferreaus
zu wandeln. Dieser legte 1854 der französischen Akademie eine Reihe von Ar
beiten über die Elementenumwandlung vor. Chevreul und Dumas lehnten
es ab, über diese Arbeiten zu berichten, da sie nichts über die Arbeitsmethode
enthielten. Auch wurden die Versuche ohne jeden Erfolg auf der Pariser Münze
nachgeprüft.
Noch 1889 hat Tiffereau in der französischen Naturforscherversammlung
mexikanisches Gold vorgezeigt, das aus Silber entstanden sein sollte. Das Gold
enthielt keine Spur Silber mehr.
Tiffereau ging von der Proutschen Hypothese aus, nach der die Elemente
aus Wasserstoff aufgebaut sind. Dieser Aufbau könne aber nur stattfinden, wenn
ein anderes Element als Ferment vorhanden ist, das den Wasserstoff aktiv macht. 4 )
Tiffereau hielt den Stickstoff, der ja vielfach elementähnliche Gruppen bildet
(CN, NH4), für ein solches Ferment. So soll sich bei der Auflösung von Ag in
Salpetersäure unter bestimmten Konzentrationsbedingungen und besonders bei
Gegenwart von konzentrierter Schwefelsäure auch Gold bilden. 5 )
In Deutschland werden ähnliche Bestrebungen nur in der Theosophischen Ge
sellschaft und von der ihrem Kreise nahestehenden neuen metaphysischen Rund
schau gefördert. In einem Aufsatz von van Werth 6 ) findet man die Angabe, daß
F. Maack 1901 7 ), gestützt auf das nach magischen Grundsätzen aufgebaute, in
11 Gruppen geteilte System der chemischen Elemente (Sebaldscher Ring 1896),
die Ramsayschen Umwandlungen vorausgesagt hat.
Wissenschaftlich tätige Männer haben nur selten an das Gelingen der Um
wandlungen auf rein chemischem Wege geglaubt. Am meisten Aufsehen hat
Fittica (1901) durchseine Behauptung erregt, daß er Phosphor durch Bor in Schwefel
verwandeln könne. P sollte danach eine Verbindung von N, S und H sein =■ N 2 SH 2 .
Nach 104. ist P = 7He + H 3 ; S = 8He; N = ЗНе + 2H. Es besteht danach
kein Zusammenhang, wie ihn Fittica annahm. Ebenso irrig waren die Ergebnisse
von Gross (1897—98).
Viel Aufsehen haben die Mitteilungen von Emmens 8 ) (1897) über das Argen-
taurum erregt. Vier mexikanische Dollars wurden in 2 Teile zerlegt. Der eine
Teil wurde auf der Münze in New York auf Gold untersucht; es wurde weniger
4 ) Ein Hauptmitglied dieser Gesellschaft war der vor kurzem in Paris als
Oberstabsarzt verstorbene Dr. Encousse, dessen alchemische und okkultistische
Schriften unter dem Namen Pappus erschienen sind; der auch als Wunderdoktor
am Zarenhofe in Petersburg bekannt geworden ist.
2 ) Eine Schrift trägt auf dem Widmungsblatt den Namen von Swedenborg.
3 ) Eine Platte war in einem Umschläge eingewickelt mit der Aufschrift:
Auf diesem Glas sitzt Gold, aus Eisenvitriol, chromsaurem Kali, Ammoniak und
Cyankalium (Tiffereaus aktiver N!) hergestellt. Weitere Einzelheiten siehe W. Bein,
Stein der Weisen (Lpg. 1916, S. 130).
4 ) Eine solche Form des Wasserstoffes hat J. J. Thomson als Ursache der
Bildung von H a aufgefunden (siehe 99.).
5 ) Vgl. Kiesewetter: Die Geheimwissenschaften, Bd. II, 234 (Lpg. 1895).
®) Neue metaphysische Rundschau 14, 241; 1907.
7 ) In der Zeitschrift für Xenologie.
8 ) Nature 56, 452; 1897.