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Die Forschungen über den Atombau.
aber Schwingungen der Elektronen durch eine zurücktreibende Kraft ~ 1 /r * 2
erregt, so erhält man Schwingungen, die stets r 2 enthalten (Rayleigh, Jeans
1906). Ein solcher Fall liegt vor bei Schwingungen, die durch elektro
magnetische Strahlung nach den Maxwellschen Gesetzen elektrisch geladene
Körper (Oszillatoren) ausführen. Die gewöhnlichen Feldgleichungen sind
daher auf schwingende Atome nicht anwendbar. Wie Bohr (siehe 130.)
gezeigt hat, gelten für die Kräfte und Energien dieser schwingenden Atome
Plancksche Quantengleichungen. 1 )
115. Hemmung und Streuung von a- und /S-Strahlen. Durchdringbar
keit der Atome.
Bei allen physikalischen Erscheinungen ist bisher die Undurchdringbar
keit des Atoms vorausgesetzt worden. Diese Annahme liegt den Formeln
der kinetischen Gastheorie zugrunde, die die Zusammenstöße der Mole
richtig darstellen. Diese Formeln gelten aber auch für einatomige Mole.
Für diese muß weiter die Annahme zutreffen, von der die Theorie Gebrauch
macht, daß die Atome elastisch sind. Für diese Annahme sprechen die
umfangreichen Untersuchungen Th. W. Richards und Traubes (siehe 30.)
über die Kompressibilität der Atome. Diese Eigenschaft steht in engem
Zusammenhang mit den mechanischen Eigenschaften der Atome, Härte
Ausdehnung durch die Wärme, Oberflächenspannung, Kovolumen (Kon
stante der Zustandsgleichung der Gase nach van der Waals). Das Verhalten
der Körper in elastischer Hinsicht, wie es durch diese Eigenschaften charak)
terisiert ist, läßt sich nur verstehen, wenn man das Atom als unstarr an
sieht. Wenn das der Fall ist, muß es aber auch durchdringbar sein. Dafür
spricht, daß ein Gas wie He bei höherer Temperatur feste Körper (Glas,
Quarz) zu durchdringen vermag.
Daß das Atom durchdrungen werden kann, also zusammengesetzt
sein muß, ist erst gewiß geworden, als die Durchquerung 2 ) von ultravioletten,
a-, ß- und y-Strahlen durch Atome untersucht wurde; das sind Vorgänge,
die auf Zusammenstößen von Elektronen und schnellen Atomen mit Gas
molen und Atomen fester Körper beruhen. Durch Versuche Lenards (1903)
ergab sich, daß Elektronen von mindestens 1 / 3 Lichtgeschwindigkeit ohne
Hemmung durch ein Atom hindurchgehen. Die Anordnung war die
folgende: Von einer Bogenlampe fielen ultraviolette Strahlen auf eine
Metallplatte, die auf verschiedenes Potential V geladen werden konnte.
Aus dieser Platte entwichen dabei ß-(Kathodenstrahl-)Elektronen ver
schiedenster Geschwindigkeit v. Diese durchsetzten die zu untersuchenden
Gase und fielen dann auf ein Elektrometer. Sein Ausschlag war ein Maß
für die prozentische Absorption k der /3-Elektronen durch die Gase.
x ) Bisher ist nur ein Atommodell gefunden * worden, das zu den richtigen
Schwingungen führt, aber doch auf den gewöhnlichen elektromagnetischen Kraft
gleichungen beruht. Es ist das von Ritz (Ann. Phys. 25, 660; 1908) angegebene,
das das Atom als magnetischen Dipol auffaßt (siehe 129.). Aber die Streuung
von a- und jS-Strahlen ist mit magnetischen Kräften unvereinbar (Nicholson:
J. Chem. Soc. 115, 855; 1919).
2 ) Bei dieser Durchquerung erleiden die Elektronen entweder einen Ge
schwindigkeitsverlust oder werden abgelenkt oder werden absorbiert oder machen
andere Elektronen sekundär frei.