Die Forschungen über den Atombau.
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V in Volt
Entsprechende
Geschwindigkeit in
Bruchteilen der Licht
geschwindigkeit
k in 1 cm Gas von 1 mm
Druck
Wasser
stoff
Luft
Argon
Kohlen
säure
6
1/
44
30
28
34
30
1/
14,6
27
26
32
100
1/
6,01
21
20
28
1000
1,20
3,9
4,2
7
4000
Vio
0,19
0,85
1,3
2
30000
Vs
0,0062
0,0050
—.
0,0067
ff-Strahlen des Ra
Vi
0,0 6 6
0,0 5 9
0,0 6 1
0,0*1
Man sieht aus der Tabelle, daß die* Absorption der langsamen Elek
tronen von der Natur des Gases abhängt.
Bei graphischer Darstellung erkennt man, daß der Unterschied von k
mit steigender Geschwindigkeit für die verschiedenen Gase sich immer
mehr verkleinert. Über 1 / 10 Lichtgeschwindigkeit ist, wie schon 1895 von
Lenard gefunden wurde, die Absorption oder optisch gesprochen die Trübung
der Gase durch eindringende Elektronen unabhängig vom Aggregatzustand
und der chemischen Beschaffenheit und nur noch eine Funktion der Dichte,
also der durchsetzten Masse. Genügend schnelle Elektronen können viele
Tausende von Atomen durchsetzen, ohne daß sich ihre Geschwindigkeit
nach Größe und Richtung merklich änderte. Nur ein sehr kleiner Teil wird
zerstreut.
Die Vorgänge bei diesem Durchdringen sind bisher meist als einfache
Stoßvorgänge (nach J. J. Thomson und Townsend, vgl. S. 43, 53, 88) aufgefaßt
worden. Lenard weist in seiner großen Arbeit (1918) 1 ) mit Nachdruck darauf
hin, daß der Vorgang ein anderer ist und daß die Stoßionisation auf die Erschei
nungen beim Zusammenstoß von Atomen mit a-Teilen zu beschränken ist. Beim
Zusammentreffen von Elektronen mit einem Atom sind 3 Fähe möglich: 1. Ab
sorption * 2 ), 2. sekundäre Strahlung und Ionisation, 3. Lichtemission. Welcher
Fall eintritt, hängt ab von der Geschwindigkeit des Elektrons und von der rela
tiven Größe des Energie umsetzenden Querschnitts des Atoms zum Gesamtquer
schnitt (von der Stärke der ,,Atomdynamide“). Ein langsames Elektron verliert
beim Zusammenstoß seine Energie völlig und wird absorbiert. Wächst die Ge
schwindigkeit, so ist eine Durchquerung des Atoms sowohl ohne als mit Geschwin
digkeitsverlust und zugleich mit Ionisation möglich. (Während man bisher im
letzteren Fall stets annahm, daß das Elektron dabei seine Geschwindigkeit ganz
verliert.) Die Ionisation erklärt sich in der Weise, daß das stoßende Elektron
ein anderes sekundäres Elektron aus dem Atomverband auslöst. Dieses zweite
hat nur geringe Geschwindigkeit und wird bald von einem Atom absorbiert, das
dadurch ionisiert ist. Das primäre Elektron setzt seinen Weg fort mit etwas
geringerer Geschwindigkeit und löst wieder ein sekundäres, ionenbildendes Elektron
aus. So durchquert das primäre Elektron Tausende von Atomen (Anm. 6, S. 228),
bis seine Geschwindigkeit zu gering geworden ist. Man kann diese Erscheinung
beobachten, ähnlich wie zuerst C. T. Wilson in seinen Nebelphotographien (S. 54)
für a-Strahlung zeigte. Die Spannung, bei der die Ionisation eintritt, ist daher
in keiner einfachen Beziehung zur Stoßgeschwindigkeit, ein Punkt, der in den
Untersuchungen von Flertz u. a. (siehe S. 88) nicht genügend beachtet ist.
Q Quantitatives über Kathodenstrahlen, Heidelberg 1918, S. 63, 73, 105,
107, 135, 139, 165, 182.
2 ) Absorption ist die Reduktion der ursprünglichen Strahlgeschwindigkeit
nach Richtung und Größe zu ungeordneter Bewegung von molekularer Größen
ordnung.
15*
KM