Die Forschungen über den Atombau.
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diese Grenze stets größer als 2 Radien ist. Die Glieder K und L (siehe 120.),
aus denen die K- und L-Strahlung entsteht, haben die Laufzahlen 1 und 2.
Die K- und L-Bahnen erreichen daher nicht das Gebiet, in dem die Absorp
tion beginnt. Die Strahlung geht daher ungestört nach den Gesetzen für
die Wasserst,offstrahlung vor sich.
Die Zahl der Ringe ist sonach sicher anzugeben. 1 ) Aber auch für die
Verteilung der Elektronen auf die Ringe selbst hat man nunmehr
sichere Anhaltspunkte. Im folgenden halte ich mich an die Darlegungen * 2 )
von Sommerfeld und Kroo (1918). Diese fußen lediglich auf den Erfahrungen
an X-Spektren, da die chemischen Eigenschaften, die periodische Funk
tionen der Ordnungszahl sind, exakte Berechnungen nicht zulassen. Zunächst
hat man die Tatsache, daß die Kg-Linie (sie entsteht beim Übergang eines
Elektrons vom M- zum /(-Ring) bei Na fehlt und erst beim Mg nachweisbar
ist. Die Ky-Linie (sie entsteht beim Übergang vom N- zum K-Ring) fehlt
bei K und tritt erst bei Ca auf. Danach ist es wahrscheinlich, daß das Mg
einen M-, das Ca noch einen N-Ring enthält. Doch muß man die Bildung
dieser Ringe bereits bei Na bzw. K voraussetzen. Indessen ist bei diesen
Elementen der Ring nicht frei, da er, der nur aus einem Valenzelektron
bestehen kann, wie wir später sehen werden, mit dem Cl-Ring zu einem
8-Ring verkuppelt ist.
Die Elektronen von Elementen von niederer Ordnungszahl als Na
müssen daher auf 2 Ringen, auf dem K- und L-Ring, verteilt sein. Diese
Ringe müssen also stets eine größere Anzahl Elektronen enthalten. Das
ergibt sich auch aus der Art der Abhängigkeit der L-Schwingungen von
der Kern- oder Ordnungszahl (siehe 120.). Die Formel, welche diese Ab
hängigkeit darstellt, läßt sich nur so deuten, daß die Größe b (— 3,5) den
0 Die äußerste Wellenlänge, die man bei der Absorption von X-Strahlen
erhält ; entspricht der Wellenlänge von IC, bei der Emission (nach Moseley), d. h.
dem Übergang eines Elektrons vom K-Ring zum vierten (iV-) Ring (vgl. 133.).
Nach Wagner (Szber. Münch. Akad. 1916, 31) deutet diese Erscheinung darauf hin,
daß höchstens 4 Ringe (vgl. S. 321) im Atom vorhanden sind (außer dem
Valenzring?). Bei leichteren Elementen (Al) fällt die Absorptionslinie mit Kß
zusammen, es sind nur 3 Ringe vorhanden.
2 ) Der StrahlungsVorgang ist nach Bohr-Sommerfeld der, daß das Elektron
zwischen K- und L-Ring hin und her wandert. Aber besonders Debye (dem sich
Vegard, Reiche, Epstein anschlossen) hat zur Erklärung der großen Herabsetzung
oder Abschirmung der Kernladung um den Betrag 3,5 (S. 258) angenommen, daß
den Kern ein einquantiger Ring von 3 Elektronen umgibt. Aus diesem Ring wird
durch den Absorptionsvorgang ein Elektron losgelöst und es rotiert weiter auf
einer weiter außen liegenden zweiquantigen Bahn, die nicht mit der L-Bahn
identisch ist. Der gesprengte K-Ring gruppiert sich um und zieht sich zusammen.
Bei der Rückkehr des Systems aus diesem in den ursprünglichen Zustand wird
K a emittiert. In ähnlicher Weise hat Vegard für die Emission der L a -Linie an
genommen, daß das strahlende Elektron auf einer besonderen (dreiquantigen)
Bahn rotiert. Indessen führen diese Annahmen zu Ergebnissen, die nicht in allen
Punkten mit den Tatsachen übereinstimmen. Sommerfeld ist auf anderem Wege,
bei dem die ursprünglichen Annahmen des Strahlungsvorganges beibehalten werden,
zur Lösung dieser Schwierigkeiten gekommen (siehe 133., Gruppierung der Bahnen
in einem Ellipsenverein). Immerhin sind alle diese Annahmen noch als bloße
Versuche anzusehen. Auch sind die experimentellen Unterlagen (Absorptions
grenze, Doppellinien) noch der Ergänzung bedürftig. So zerfällt nach Stenström
(1919) die Grenze in einzelne Absorptionsstreifen.