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Von den Blasinstrumenten.
hervorzubringen, die dem Instrument an sich versagt sind. So
bedeutende Modifikationen jedoch erfodern viel Geschicklichkeit und
Uebung, um mit Genauigkeit hervorgebracht zu werden, und liegen
außer dem Bereich der gewöhnlichen Musiker.
Hier, wie bei den, an einem Ende verschlossenen, Pfeifen sind
durch die theoretischen Ausdrücke nicht allein die Verhältnisse der suc
cessiven Schwingungszahlen, sondern auch die absoluten Werthe die
ser Zahlen für jede bestimmte Länge der Pfeife gegeben; und man
kann sie auf dieselbe Weise durch die Erfahrung nachweisen, indem
man den Einklang für die Töne der Pfeife an einem, mit einem
beständigen und bekannten Gewicht belasteten, verticalen Mono
chord aufsucht. Nun findet man hiebei, daß der Ton derselben
stets etwas tiefer ist, als ihre Länge zufolge der Theorie mit sich
bringen sollte.
Um die Ursach dieser Verschiedenheit aufzufinden, brauchte Da
niel Bernoulli das Mittel, in die Pfeife einen beweglichen
Stempel einzusenken, und zu beobachten, in welchen Lagen desselben
der Ton der, zwischen diesem Stempel und dem Aufschnitt der Pfeife
enthaltenen, Luftsäule der nämliche ward, als den die ganze Säule
gab. Es leuchtet ein, daß diese Lagen eben so viel Schwingungskno
ten entsprechen, in welchen die Lusttheilchen während der Bewegung
der Säule unbeweglich bleiben, so daß ihre Abstände die Längen der,
unter einander zusammenstimmenden, Theile, in welche sich die
Säule von freien Stücken theilt, darstellen. Nun findet man bei
Anstellung dieses Versuchs, daß alle Unterabtheilungen, mit Aus
nahme der, der Mündung (embouchure) zunächst liegenden, unter
einander gleich und so beschaffen find, wie es die Theorie für den,
ihnen zugehörigen Ton, angiebt; allein die der Mündung zunächst
liegende, obwohl sie auch mit den andern zusammenstimmt, ist
stets kürzer; und da diese nur theilweis erschüttert wird, während
es die andern in ihrem ganzen Querdurchschnitt sind, so hat Da
niel Bernoulli den Grund ihrer geringern Länge in dieser Ur
sach gesucht; auch fand er in der That, daß bei Abänderung der
Mündungsweite die Verkürzung der ersten Abtheilung sich ebenfalls
abänderte.
Ich habe mich davon überzeugt, daß dieser Einfluß der partiel
len Mündungen in verschiednen Gasarten, bei dem nämlichen Druck
und der nämlichen Temperatur, ungleich ist. Im Wasserstoffgas z. B.
ist er bei Weitem bedeutender, als in atmosphärischer Luft; so daß
hier die, der partiellen Mündung zunächst liegende, Abtheilung
ohne Vergleich kürzer gegen die andern Abtheilungen wird, obwohl
sie mit ihnen zu Einem Tone zusammenstimmt. Es folgt hieraus,
daß, wenn man eine und dieselbe Pfeife successiv mit diesen beiden
Gasarten zum Tönen bringt, die schwingenden Säulen in der That
nicht die nämliche Länge in beiden haben. Dieser Umstand erfo--
dert eine Berücksichtigung, wenn man die, durch verschiedne Gas-