Von den Blasinstrumenten.
107
arten hervorgebrachten, Töne mit einander vergleichen will. Der
Theorie nach müssen dieselben, bei gleichen Langen, sich umgekehrt,
wie die Quadratwurzeln der Dichtigkeit der Gasarten verhalten,
wenn Druck und Temperatur die nämlichen sind. Allein dies Re
sultat kommt nicht zum Vorschein, wenn man die nämliche Orgel
pfeife mit verschiednen Gasarten tönen laßt, eben des angezeigten
Grundes halber. Beim Wasserstoffgas z. B., welches in einer
offenen Pfeife von ungefähr einem Fuß Lange, die mit einer Mün
dung, gleich der der gewöhnlichen gedeckten Pfeifen, versehen ist,
schwingt, bewirkt die Art des Anblasens eine so starke Annäherung
des Schwingungsknotens an die partielle Mündung, daß eine Er
niedrigung fast um eine kleine Septime unter die, von der Theorie
unter Voraussetzung der Gleichheit beider Abtheilungen der Gas
säule gefederte, Tonhöhe erfolgt. Begreiflich muß sich übrigens die
Große dieser Erniedrigung mit dem Verhältniß, welches man dem
Aufschnitte der Pfeife zu ihrer Lange und Dicke giebt, abändern:
auch haben alle Physiker, welche, ohne diese Ursach zu berücksichti
gen, Versuche über die Töne mit verschiednen Gasarten anstellten,
keine Uebereinstimmung in den Verhältnissen der Erniedrigung zu
finden vermocht, und so zu keinen festen Bestimmungen in dieser
Hinsicht gelangen können.
Abgesehen nun von diesem besondern Fall, der die Bewegung
der Schichten, auf welche die Erschütterung zuerst wirkt, betrifft,
sieht man, wie die in diesem Capitel gegebenen Erörterungen den
Weg zeigen, die ganze Reihenfolge von Tönen, welche die Luft in
cylindrischen, an ihrem Ende offnen oder geschlossenen, Röhren her-
verbringt, mit Leichtigkeit aufzufinden. Diese Uebereinstimmung mit
der Erfahrung scheint mithin anzudeuten, daß bei der Art des An
blasens, die für die Orgelpfeifen in Gebrauch ist, die Schwingungs
bewegungen, durch welche die Töne dieser Pfeifen hervorgebracht
werden, wirklich sich unsrer Beschreibung gemäß verhalten, wirklich
in der successiven Fortpflanzung einer unendlichen Menge von Luft
wellen bestehen, die den, von uns erörterten, Gesetzen gemäß einan
der folgen oder gegen einander zurückkehren. Jedoch hat Pois-
son, indem er die Bildung der Bewegungen einer Luftsäule einer
neuen, alle mögliche Schwingungsarten umfassenden, mathemati
schen Untersuchung unterwarf, entdeckt, daß die nämliche Reihe von
Tönen bei viel allgemeinern Bewegungsgesetzen, als von uns ange
wandt wurden, bestehen kann. So fand er, daß der Ton der ersten,
an der Mündung gelegenen, Abtheilung nicht allein tiefer seyn kann,
als er für eine gleiche, zwischen zwei andern Unterabtheilungen der
übrigen Säule begriffene, Länge seyn würde; sondern auch, daß die
ser Ton, mittelst zweckmäßiger Erschütterungsarten, ins Unbestimmte
erniedrigt werden kann. Poisson machte ferner bemerklich, daß
die Dichtigkeit der schwingenden Theile der Luftsäule an den offenen
Stellen dieser Säule nicht der Dichtigkeit der umgebenden Lustschich