Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Zweiter Band)

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Schwingungen elastischer Saiten. 
diesem g schwingt. Ein elastischer Stab, welcher schwingt, bringt 
ebenfalls die gespannten Metallsaiten, welche mit ihm in Einklang 
sind, zum Mittönen. Eine richtig gespielte Violine verursacht das 
Mitschwingen der entsprechenden Saiten auf der Guitarre: dasselbe 
bewirkt eine Flöte, selbst wenn die Guitarre auf einer weichen Un 
terlage liegt. Zn diesen letzter« Fallen mag sich der Ton wohl ein 
zig und allein durch die Luft fortpflanzen; damit jedoch so schwache 
Wellenbewegungen in dieser eine merkliche Mittheilung der Bewegung 
zwischen zwei Saiten verursachen können, müssen die Impulse, dis 
sie der zweiten Saite successiv ertheilen, alle unter einander zusam 
menstimmen, und sich sämmtlich zur Hervorbringung derselben Schwin- 
gungsart vereinigen. Diese Saite muß mithin eine Bewegung anneh 
men können, welche mit der Wiederkehr der Luftwellen, die an sie 
treffen, periodisch zusammenstimmt. Dies findet Statt, wenn ihre 
Lange das Doppelte, Dreifache, oder im Allgemeinen irgend ein, 
durch eine ganze Zahl ausgedrücktes, Vielfache von der Lange der 
zuerst in Schwingung versetzten Saite ist. Aber auch dann noch 
würde die Bedingung erfüllt seyn, wenn die Lange der zweiten Saite 
ein Submultiplum von der der ersten wäre, d. i. 4, {-/ 3 , 4 .... 
Giebt in diesem Falle die erste Saite den Ton C = 1, so wird 
die zweite Saite immer einen ihrer harmonischen Töne 2, 3, 4, 5 
hervorbringen; und da diese harmonischen Töne sämmtlich an der 
ersten zugleich mit klingen, so muß jeder derselben die, ihm entspre 
chende, einzelne Saite in Bewegung versetzen; wie auch die Erfah 
rung bestätigt. 
Endlich lassen sich noch neue Töne (mitklingende Töne, von 
mehrern auch passend Combinationstöne genannt)* durch das 
Zusammenwirken mehrerer andern hervorbringen, und so zu sagen 
schaffen, ohne daß dabei irgend eine Mittheilung von Bewegung 
geschähe. Um diesen sonderbar scheinenden Satz zu erweisen, muß 
man das, was uns als Ton erscheint, unter den ausgedehntesten 
Begriff fassen. Im Allgemeinen, so oft das Gehör durch den an 
haltenden Eindruck einer Folge von hinlänglich raschen Schwingun 
gen afficirt wird, hat es die deutliche Empfindung eines Tons, und 
bestimmt die Beschaffenheit dieses Tons nach der Geschwindigkeit, 
mit welcher diese Schwingungen sich folgen. Gesetzt nun, man gebe 
an zwei, neben einander aufgezogenen, Saiten zugleich die zwei Töne 
c und g- aus der nämlichen Abmessung an, so werden sich die Zahlen 
der Schwingungen, welche diese Saiten in der nämlichen Zeit voll 
bringen, zu einander wie 2 zu 3 verhalten, es wird mithin Augen 
blicke geben, wo die, durch dieselben in der Luft hervorgerufenen, 
Wellenbewegungen zusammen das Gehörorgan treffen; andre, wo 
* Vcrgl. über die Cvmbinatioiistsne: Vieth üt Beziehn»g auf die Srtcit- 
schritten Young's und Gough's in Gilb. XXI. 265; Purkinje in Käst». 
Arch. VII. 39. 
BiLt' s Experimental - Physik. II. 
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