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Elektrochemische Theorie.
baren Zustande kann sie als gering, im gasförmigen als null, oder
vielmehr als durch eine entgegengesetzte Kraft überwogen angesehen
werden. Diese Cohasionskraft müssen wir im Folgenden berücksich
tigen, da sie einen Widerstand gegen die chemischen Zersetzungen
abgiebt.
Gesetzt jetzt, eine Maste Oxyd werde mit einem einfachen Kör
per b zusammengebracht, besten Elektropositivitat größer ist, als die
des Radicals a des Oxyds, so wird im Allgemeinen eine Zersetzung
zu erfolgen streben, indem der elektropositivere Körper b den Sauer
stoff, welcher der elektronegativste Körper ist, den wir kennen, dem
Radikal a zu entziehen sucht, da er in starkern elektrischen Gegen
satz als a mit ihm tritt, und mithin auch eine stärkere Anziehung
darauf äußert dessenungeachtet erfolgt vielleicht keine Zersetzung,
wenn die Cohäsion des Oxyds so stark ist, um von dem Ueberschuß
der Anziehung des b über a nicht überwogen werden zu können.
Dann aber wird eine solche Zersetzung erfolgen können, wenn man
die Cohäsion des Oxyds auf irgend eine Weise mindert, ohne zugleich
den elektrischen Gegensatz von a gegen den Sauerstoff über den
von b gegen den Sauerstoff zu erhöhen, und dieß läßt sich im All
gemeinen durch Erwärmung bewirken.
Ueberhaupt kann die Erwärmung je nach dem Maß der dabei
in Betracht kommenden Umstände, bald günstig bald ungünstig für
chemische Verbindungen wirken; günstig, indem sie die Cohäsion ver
mindert, und vielleicht selbst in gewissen Fällen, worüber es noch
an genügenden Erfahrungen fehlt, den elektrischen Gegensatz der
Körper vermöge einer eigenthümlichen Wirkung erhöht; ungünstig,
insofern sie die Theilchen über solche Weiten hinaus zu entfernen
strebt, wo ihre Anziehungen oder ihr elektromotorisches Verhältniß
auf einander noch wirksam seyn können.
Es wird jedoch, um auf das Vorige zurückzukommen, nach den
Grundsätzen der elektrochemischen Theorie, in Uebereinstimmung mit
der Erfahrung, ein Oxyd auch dann von einem Körper b zersetzt
werden können, wenn dessen Elektropositivität geringer ist, als die des
Radicals a. Begreiflich nämlich werden zwei oder mehrere Theilchen
des Körpers b, wenn sie auf das Sauerstofftheilchen des Oxyds aus
gleicher Nähe wirken, als das eine Theilchen a des Radicals, dessen
jedoch dieser ganze Gegenstand noch zu wenig erforscht ist, so habe ich in obiger,
ohnehin nur das Allgemeinste betreffenden, Darstellung aus letzter» Umstand imAllg.
nicht Rücksicht genommen, der in der Folge vielleicht wichtig werden kann.
* Unter gewissen Umständen kann jedoch außer a auch noch b sich mit dem
Sauerstoff verbinden, wenn die wechselseitige Abstoßung der gleichartig elektrischen
Theilchen a und b ihre gemeinsame Anziehung zum Sauerstoff nicht überwiegt.
Doch betrachtet man die so entstehenden Verbindungen nicht als ternär, sondern
als binär, indem man den Sauerstoff darin zwischen a und b getheilt ansieht,
was unstreitig sehr zulässig ist, da in der That bei allen zur Trennung einwir-
kenden Kräften a und b respcctiv mit den ihren Anzichungsgraden zukommenden
Verhältnissen von Sauerstoff aus der Verbindung ausgeschieden werden müssen.