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Elektrochemische Theorie.
denen, wegen ihres von der Materie abhängigen schwachen elektri
schen Gegensatzes, leicht die Modificationen bemerklich werden können,
die wahrscheinlich der Aggregatzustand in dieses ihr Verhältniß zu
einander bringt (vergl. S. 327 Anm.).
Wir können nach diesen Erörterungen zu einem andern erläu
ternden Beispiele übergehen.
Das Wasser läßt sich als aus Wasserftofftheilchen und Sauer-
stofstheilchen, von denen die erstem positiv gegen die letztem sind,
zusammengesetzt betrachten. Kommt nun ein Metall mit Wasser zu
sammen , so wird ihr elektrischer Gegensatz, dem Ganzen oder den
Bestandtheilen nach betrachtet, in der Regel nicht stark genug seyn,
eine Verbindung oder Zersetzung zwischen ihnen hervorzurufen. Fügt
man aber zum Wasser einen Körper, der dessen Elektronegativität
bedeutend verstärkt, z. B. eine Säure, so wird dadurch das Metall
in einen entsprechend erhöhten elektropositiven Zustand gerathen, und
dadurch wird es die Kraft erhalten können, jetzt den Sauerstoff des
Wassers vom Wasser loszureißen und sich dann als Oxyd mit der
ganzen Säure, ja dem Wasser dazu zu verbinden.
Die hier aufgestellten Beispiele, die sich leicht vervielfältigen
lassen würden, werden hinreichen, die sehr allgemeine Anwendbarkeit
der aufgestellten Theorie in Bezug zu den chemischen Erscheinungen
darzuthun. Wie man sieht, setzt sie ein elektromotorisches Verhalten
aller Körper, welche überhaupt chemisch auf einander einzuwirken
vermögen, voraus. Dieses aber scheint in Widerspruch mit unsern
frühern Annahmen zu stehen, zufolge deren wir selbst das elektro
motorische Verhältniß derjenigen Flüssigkeiten, welche die kräftigste
chemische Einwirkung auf die Metalle, mit denen sie in der Kette
combinirt werden, äußern, vernachlässigt, und blos diese Flüssigkeiten
als Leiter der durch Berührung der Metalle mit einander erregten
Elektricität in Betracht gezogen haben.
Wir müssen gestehen, daß dieser scheinbare Widerspruch bis jetzt
noch unaufgelöft geblieben ist, und daß, so viel verschiedene Ansich
ten die Chemiker und Physiker auch zur Ausgleichung desselben aus
gestellt haben, doch keine bis jetzt eine sicher begründete Anerken
nung gefunden hat. lim so eher kann es uns verziehen werden,
wenn wir hier eine neue Ausgleichung dieses Widerspruchs auf die
zuvor erörterte Theorie zu gründen suchen.
Zuvor wollen wir den Stand der Sache selbst unter einen kla
ren Ueberblick fassen.
Wenn wir hätten annehmen wollen, daß die Flüssigkeiten außer
einem eigenthümlichen Leitungsvermögen für die Elektricität auch noch
eine elektromotorische Wirksamkeit auf die Metalle der Kette in der
selben Art, als diese unter einander, besaßen, so würde uns dadurch
die Erklärung der Entstehung eines continuirlichen Stroms in der
Kette überhaupt unmöglich gefallen seyn.