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Elektrochemische Theorie.
Strömung hervor, die wir erhalten, wenn wir, bei vernachlässigter
elektromotorischer Wirksamkeit der Flüssigkeiten, ein eigenthümliches
Leitungsvermögen derselben für den Strom annehmen wollten, ver
möge dessen sie die El. des positiven und negativen Pols nach entge
gengesetzten Richtungen durch sich hindurchließen. Diese Ansicht macht
sonach die Strömung der El. in der Kette blos von dem Uebergange
der entgegengesetzt el. Bestandtheile der Flüssigkeit abhängig * ** . Dieser
selbst aber kann sehr wohl mit einem elektromotorischen Verhältniß
der Flüssigkeit zu den Metallen der Kette bestehen, denn es leuchtet
ein, daß, in welches elektroinotorische Verhältniß auch die Flüssig
keit ihrer Gesammtheit nach zu den Metallen treten mag, zwischen
denen sie sich befindet, doch stets ihr positiver Bestandtheil eine stär
kere, ihr negativer eine schwächere Anziehung (oder selbst eine Absto
ßung) von dem negativen Pole erfahren wird, als von dem positiven
Pole der Kette. Die weitere Ausführung hievon findet sich im 30. Cap.
Es ist wohl zu bemerken, daß nach der hier aufgestellten An
ficht die chemische Wirkung nicht von der Strömung der El., son
dern vielmehr die Ströniung der El. von der chemischen Wirkung,
d. i. der Anziehung, welche in Berührungsnähe befindliche entgegen
gesetzt elektrische Theilchen auf einander ausüben, abhängig gemacht
wird Wo diese Anziehung erfolglos ist, ist auch die Strömung
verschwunden und es tritt blos der beharrliche Gleichgewichtszustand
ein, wie er Gliedern, die unter demselben Gesetz der Spannungsreihe
stehen, zukommt.
Wenn wir nun gleich die hier aufgestellte Ansicht von dem Lei
tungsvermögen der Flüssigkeiten für den Strom für die richtigere
halten, als die erstere, welche mit der elektrochemischen Theorie und
mchrern Thatsachen in Widerspruch seyn würde, so haben wir es des
senungeachtet für zweckmäßig gehalten, erstere bei Betrachtung der
jenigen Erscheinungen des Stroms zu Grunde zu legen, welche nicht
seine chemische Wirksamkeit betreffen, da sie eine einfachere Vorstel
lungsart, und für das Gebiet dieser Erscheinungen eben so ausrei
chende und zulässige Verknüpfungsart derselben gewährt, und da
es in der That nur aus die Kenntniß des wechselseitigen Verhält
nisses beider Ansichten ankommt, um die Vorstellungsart nach der
ersten Ansicht in eine Vorstellungsart nach der letzten überzutragen;
nicht möglich aber würde es seyn, nach jener ersten Ansicht auch die
chemischen Wirkungen und diejenigen Wirkungen der Kette, bei wel
chen sich eine elektromotorische Wirksamkeit der Flüssigkeiten deutlich
* Hjemit ist nicht gesagt, daß die Flüssigkeiten nicht unabhängig hievon El.
zu leiten vermöchten, auf analoge Art als die Metalle. Das Ganze kommt dar
aus hinaus, daß die Leitung der Strömung in der Kette die Function eines
andern Umstandes ist, als die Leitung der clcktroskopischcn El.
** Hiedurch erklärt sich sehr wohl der Umstand, daß das Leituiigsvcrmögen
in Flüssigkeiten für den Strom so sehr von ihrem Verhältniß gegen die Metalle
abhängt.