Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

334 Elektrochemische Theorie. 
von der Temperatur abhängige und mit ihr wandelbare elektrische 
Polarität zukomme, wonach z. B. die Cobäsion der Körper darauf 
beruhe, daß die Theilchen sich die ungleichnamigen Pole zukehren. 
Er nennt seine Theorie in Bezug auf jene zu Grunde gelegten Er 
scheinungen die k ry sta l l e le k tri sch e, und macht von ihr über 
haupt eine sinnreiche Anwendung zur Erklärung der Erscheinungen 
der Adhäsion, Cohesion, Krystallisation und der chemischen Erschei 
nungen, über welche wir auf sein Journal, namentlich V. 57, 
XXXIX. 214 und XL. 237 verweisen. 
Auch diese Ansicht steht in sehr genauer Beziehung mit der 
unsrigen, indem nach letzterer die entgegengesetzt elektrischen Atome, 
aus denen jedes integrirende Theilchen eines zusammengesetzten Kör 
pers besteht, selbst sich als zwei entgegengesetzte Pole dieses Theil- 
chens betrachten lassen. Nur gestehe ich, daß mir durch die Schweig- 
ger'sche Ansicht, welche die entgegengesetzten Pole blos verschiedenen 
Flächen desselben Theilchens beilegt, die chemischen und galvanischen 
Zersetzungen minder einfach repräsentirt werden zu können scheinen, 
als wenn man annimmt, daß die Theilchen selbst in ihrer Verbin 
dung sich entgegengesetzt elektrisch verhalten. 
Ich führe endlich noch die Ansieht an, welche Ampöre in s. 
Briefe an Van Beck im Journ. de Phys. 1821 ausgesprochen hat, 
und welche bei einigen französischen Physikern Eingang gefunden zu 
haben scheint, jedoch schon deshalb nicht zulässig seyn möchte, weil 
sie den Umstand, daß ein Körper je nach Beschaffenheit der andern 
Körper, mit denen er zusammengebracht wird, sich bald als positiv, 
bald als negativ erscheinen kann, höchstens sehr gezwungen würde 
zu erklären wissen. 
Nach dieser Ansicht Ampere's^ „befinden sich die Molecule 
der Körper in einem bleibenden elektrischen Zustande, der von ihrer 
Natur abhängt; ein Sauerstofftheilchen z. B. ist stets in elektronega- 
tivem Zustande, zersetzt dadurch das umgebende neutrale Fluidum, 
stößt die negative El. zurück und zieht die positive an, welche um 
dasselbe eine Art Atmosphäre bildet, die die negative El. des Theil- 
chens gebunden hält und sie dadurch am freien Hervortreten ihrer 
-Wirkung nach Außen hindert. Ein Wasserstofftbeilchen dagegen, 
rrielches beständig positiv ist, ist mit einer Atmosphäre negativer El. 
umgeben, und eben so befinden sich alle Körper, welche sich zur 
Etäure neigen, im Fall des Sauerstoffs, alle, welche sich zur Alka 
lität neigen, im Fall des Wasserstoffs. Diesem Prinzip nun zufolge 
n>ird, da das el. Fluidum, welches die Theilchen jedes Metalls um- 
g.iebt, wegen ihrer verschiedenartigen Beschaffenheit in verschiedenen 
Verhältnissen aus positiver und negativer El. zusammengesetzt ist, 
das Fluidum, welches die Atmosphäre der Theilchen des einen Me 
talls bildet, sich zum Theil mit dem Fluidum der Atmosphäre des 
* Sie ist aiiö einer Abhandlung von Becquerel entlehnt.
	        
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