Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

Theorie der galvanischen Zersetzungen. 375 
Molecul eher aus der Flüssigkeit entweichen oder darin eine ihm 
eigenthümliche Reaction äußern kann, als bis es zum Polardrahre 
selbst gelangt ist, mit dem es sich nun nach derselben Folgerung ver 
bindet (wenn dieser dazu fähig ist), als es sich zuvor mit allen ihm 
entgegengesetzt elektrischen Theilchen der Zwischenschicht verbunden 
hatte, oder von welchem aus es entweicht (wenn dieser nicht zur 
Verbindung mit demselben fähig ist), da es nun keine Theilchen mehr 
zur Verbindung vorfindet. 
Was dieser Ansicht, daß die Molecule der Endschichten bei 
ihrem Uebergange zu den Polen in augenblickliche Verbindung mit 
den Moleculen aller Zwischenschichten treten, gar sehr zur Bestäti 
gung dient, ist der Umstand, daß wir solche Verbindungen geradezu 
in manchen Fallen sich wirklich erzeugen sehen. So wenn die Schwe 
felsaure bei ihrem Uebergange zum positiven Pole durch Barytlösung 
streichen muß, fallt schwefelst Baryt nieder, und die Schwefelsaure 
langt nicht am positiven Pole an. 
In diesem Falle ist die entstandene Verbindung in Wasser un 
auflöslich und fest. Sie besitzt keine freie Beweglichkeit der Theil- 
chcn mehr; diese vermögen daher nicht in die zur Zersetzung crfoder- 
liche Lage gekehrt zu werden, und so wird hier die Verbindung 
bleibend, wahrend sie in allen andern Fallen, wo eine auflösliche 
Verbindung entsteht, nur augenblicklich ist, weil sie im nächsten 
Augenblicke, nachdem sie entstanden war, wieder getrennt wird. 
Es ist bei den vorigen Erörterungen nicht mit in Betracht ge 
zogen worden, daß auch die Flüssigkeiten elektromotorisch auf die 
Metalle, zwischen welchen sie eingebracht werden, wirken können. 
Es scheint jedoch, unter der Voraussetzung, daß die Flüssigkeiten mit 
den festen Körpern in Eine Spannungsreihe fallen, nicht, als ob dieser 
Umstand in den aus obiger Folgerungsart zu ziehenden Schlüssen 
eine andere Modification hervorbringen könne, als daß man öfters 
auf den Gegensatz größerer und geringerer Anziehung oder 
größerer und geringerer Abstoßung wird zurückführen müssen, 
was dort vom Gegensatz zwischen Anziehung und Abstoßung schlecht 
hin abhängig gemacht wird. Ich gehe auf die Erörterungen hier 
über nicht näher ein, da sie über das relative Verhältniß der elek 
tromotorischen Wirkungen zwischen flüssigen und festen Körpern zu 
dem zwischen festen und festen Körpern so wie über andere Um 
stände Kenntnisse erfodern würden, die wir durchaus noch nicht 
besitzen. 
Die von uns aufgestellte Theorie giebt zugleich den Erklärungs 
grund, warum in einer ungeschlossenen Säule, so wie in einer geöff 
neten einfachen Kette die chemischen Zersetzungen keinesweges in der 
selben Art erfolgen können, als in der ungeschlossenen. 
Hat man z. B. ein auf den abgewendeten Flächen mit feuchtem 
Papier belegtes Plattenpaar von Kupfer und Zink, welches vollkom 
men isoürt ist, so wird die Flüssigkeit auf jeder Seite sich sehr bald
	        
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