Theorie der galvanischen Zersetzungen. 377
seiner Entstehung einen elektrogalvanischen Zustand annimmt, der
dem des Poles, durch welchen er angezogen wird, entgegenge
setzt ist, und da man diesen Schluß auf alle Theilchen des Was
sers ausdehnen kann, die auf dem Wege des Stromes liegen, so
folgt daraus, daß bei je zweien und zweien die gleichartigen Stoffe
sich zurückstoßen, wahrend die fremdartigen sich wechselseitig anziehen,
so daß, wenn der Sauerstoff o in den Zustand der elastischen Flüs
sigkeit übergeht, angezogen durch den positiven Pol, sein Wasser
stoff li das ähnliche ii' zurückstößt und sich mit dem Sauerstost o
des nächsten Theilchens Wasser verbindet; zugleich setzt das zurück
gestoßene 1/ das gleichartige h" in Bewegung, und verbindet sich
selbst mit dem Sauerstoff o" des dritten Theilchens Wasser, dessen
Wasserstoff li" endlich den gasförmigen Zustand annehmen muß,,
weil es in unmittelbarer Berührung mit dem negativen Pole ist.
Man sieht leicht ein, daß während dieser ganzen Wirkung blos die
Theilchen des Wassers in Gas verwandelt werden, die an den.
Enden der leitenden Faden liegen, während daß alle andere,
die zwischen ihnen liegen, blos wechselseitig ihre Elemente umtau--
schen, ohne ihre Natur zu verändern."
Die Theorie von Grotthuß unterscheidet sich sonach von der
unsrigen blos in dem einzigen wesentlichen Puncte, daß Grotthuß
einen nicht weiter erklärten Einfluß der Säule annimmt, vermöge
dessen sie die Bestandtheile des Wassers erst entgegengesetzt elektrisch
(polar) machen sollen, um sie dann zu trennen, dagegen nach un
serer Ansicht diese entgegengesetzten Elektricitäten derselben schon we
sentlich in ihrem Verbindungszustande begründet liegen
Biot hegt eine eigenthüniliche Ansicht über die Zersetzungen
durch die Volta'sche Säule, welche wir übergehen würden, da sie
Thatsachen durchaus widerspricht, wenn wir sie nicht als zum Gan
zen seines Werkes gehörig aufführen müßten.
Zuvörderst erinnert Biot an die von uns erörterten Thatsa
chen, welche zeigen, daß die den Kreis zwischen den Polen einer
Säule schließende Flüssigkeit in der Nähe des positiven Pols selbst
positiv, in der Nähe des negativen Pols negativ, mit abnehmender
Stärke nach der Mitte hin, sey, und fährt alsdann weiter fort:
„Hieraus wird noch keineswegs erklärlich, warum eine Zer
setzung der chemischen Verbindungen unter dem Einfluß des Volta'-
schen Stroms erfolgt, oder, warum gewisse Substanzen, nachdem
sie frei geworden, sich vorzugsweise nach dem positiven Pol begeben,
während andre zum negativen gehen. Diese ausnehmend bemcrkens-
werthen Eigenthümlichkeiten hängen ohne Zweifel mit den allgemeinen
Bedingungen zusammen, unter welchen die chemischen Verbindungen
stehen, Bedingungen, die bis jetzt noch völlig für uns im Dunkel
* Auch Berzelius (Lchrb. der Chemie. Dritte Au fl. I. 123) stimmt mit
der G ro tthu ß'schcii Theorie überein.