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Physiologischer Galvanismus.
Gefühl eines blitzähnlichen Leuchtens in dem vom Zink berührten
Auge. Dieses Gefühl, erneuert sich bei jeder wiederholten Schlie
ßung, dauert aber nicht wahrend des Geschlossenseyns der Kette fort.
Es zeigt sich auch, wenn das Silber die Zunge oder einen beliebigen
andern Theil der innern Mundhöhle berührt, und selbst auch als
dann, wenn es blos durch Wasser in einem Glase, in das die
Lippen getaucht werden, mit diesen in Verbindung steht * ** *** . In
der Dunkelheit der Nacht ist dies blitzähnliche Leuchten viel lebhafter
als bei Hellem Tage, doch auch hier noch merklich. ' Es zeigt sich
eben so, doch schwacher, wenn der Zink an die Lippen oder die
Zunge, das Silber an den Augapfel gebracht wird, in welchem Fall
man zugleich den Schein im Auge und den säuerlichen Geschmack
auf der Zunge fühlt
Die Wirkungen der galvanischen Reizung sind überhaupt um
so auffallender und mannichsaltiger, je mehr und je wichtigere Nerven
in die Kette gefaßt werden, und alle Umstande der nachfolgenden
Versuche, von denen mehrern bei den Froschschenkelversuchen zu erwäh
nenden Thatsachen directe Beweiskraft zukommt, vereinigen sich dahin,
zu zeigen, daß die Wirkung des Galvanismus auf die Nerven das
prirnum movens dieser sämmtlichen Erscheinungen sey, so daß die
Muskeln und andern Theile nur durch die organische Verbindung,
in der sie mit den Nerven stehen, in das Spiel dieser Erscheinungen
mit hineingezogen werden.
Die Wirkungen des Galvanismus unterscheiden sich theils dem
Grade, theils der Art nach, je nach der verschiedenen Art der ange
wandten galvanischen Apparate, der verschiedenen Pole, die man ein
wirken laßt, der verschiedenen Stellen der Einwirkung, und der ver
schiedenen Reizempfanglichkeit der Individuen. Endlich ist die Wir
kung verschieden je nachdem man sie im Augenblicke beobachtet, wo
die Kette durch den thierischen Theil geschlossen wird, oder wahrend
des Geschlossenseyns, oder im Augenblicke der Trennung. Vom Ein
fluß aller dieser Umstande wollen wir jetzt naher handeln.
Unterschiede bei Trennung und Schließung und
wahrend des Geschlossenseyns der Kette Welchen
Theil man auch in die Kette bringen mag, stets wird man den auf
fallendsten Effect nur im Augenblicke der Schließung der Kette wahr
nehmen. In der Zwischenzeit zwischen Schließung und Trennung
ist die Wirkung geschwächt, sie gleicht mehr einer anhaltenden Em
pfindung, und wird bei schwachem Ketten oft gar nicht wahrge-
* Man befördert in jedem Fall das Erscheinen des galvanischen Blißes,
wenn man die Theile der Mundhöhle, an welche das Silber applicirt wird, mit
einer verdünnten alkalischen oder Chloraiiflösung bestreicht. (Humboldt I. 319.)
** Ueber andere Abänderungen dieser Versuche vcrgl. Pfasf, 142; Ritter
Beweis, 84.
*** Vcrgl. Humboldt I. 197. Ritter Beweis, 76: Phys. chem.
Abhandl. III. 246.