Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

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Physiologischer Galvanismus. 
schnitten wäre dagegen erfolgt keine Zuckung, wenn man beide 
Armaturen am obern abgeschnittenen, wiewohl mit dem andern in 
Berührung befindlichen, Nervenstück anbringt. Je größer die Strecke 
des mit dem Muskel noch zusammenhangenden Nervenstücks ist, die 
sich in der Kette befindet, desto starker ist die Zuckung. 
Was hier von der Durchschneidung gesagt ist, gilt auch ganz 
von der Unterbindung der Nerven, und überhaupt verhalt sich 
nach Ritter (Beitr. I. St. 1. S. 136) ein gut unterbundener 
Nerv in allen Stücken durchaus identisch gegen den Galvanismus 
mit einem durchschnittenen. Auch wenn man das Band gleich 
oder einige Zeit nach der Unterbindung wieder abnimmt, dauert die 
Wirkung der Unterbindung durchaus fort. 
Ein eigenthümlicher, ganz übereinstimmend von Valli, Pfaff, 
Humboldt u. a. beobachteter. Umstand ist jedoch, daß von der Uns 
terbindungs- oder Durchschneidungßstelle des Nerven bis zu seinem 
Eintritt in den Muskel durchaus noch ein Stück frei liegenden Ner- 
vens vorhanden seyn muß, wenn in den angezeigten Fällen Zuckung 
erfolgen soll. Unterbindet man den Nerv gleich bei seinem Eintritt 
in den Muskel, und armirt einerseits den Muskel, andrerseits das 
oberhalb der Unterbindung liegende Nervenstück, so erfolgt keine 
Zuckung^* ** *** , sie tritt aber ein, wenn man den Nerven jetzt ein 
Stück aus dem Fleisch herauspraparirt. Eben so hört die Zuckung 
auf, wenn Anfangs zwischen Band und Muskel ein Stück des Ner 
ven frei lag, man nun aber dieses mit Muskelfleisch oder nassem 
Schwamm oder Metall umgiebt. — Allgemein kann man sagen, 
daß Unterbindung oder Durchschneidung des Nerven die Wirkungen 
des galvanischen Reizes nicht hemmt, wenn ein Metall oberhalb, 
das andere unterhalb der verletzten Stelle den Nerven unmittelbar 
oder mittelbar (durch den Muskel) armirt, und wenn zugleich das 
jenige Stück Nerv, welches zwischen seiner Insertion im Muskel- 
fleisch und zwischen dieser Stelle liegt, in Berührung mit einem iso- 
lirenden Körper ist. 
Wird der Nerv eines Frosches der Lange nach zerfleischt und 
es bleibt auch nur ein einziges Faserchen übrig, welches die Ar 
matur mit dem Muskel verbindet, so zeigen sich nach Humboldt 
die galvanischen Erscheinungen in eben der Starke, als wenn der 
Nerv noch seinen unverletzten Durchmesser hatte. 
Humboldt glaubt beobachtet zu haben * m , daß bei sehr 
empfindlichen Fröschen auch dann, wenn man die quer durchschnittenen 
* Man kann auch statt des ober» abgetrennten Ncrvcnstücks ein Stück nassen 
Schwamm anwenden; die Contraction erfolgt doch, wonach das obere abgeschnit 
tene Ncrvenstlick nur als feuchter Zulcitcr zu wirken scheint. (Ritter Beitr. I. 
St. 1. 128.) 
** Wahrscheinlich, weil dann der Strom, anstatt sich im Nerven zu concen- 
triren, sich in der ganzen Muskelpartic vertheilt. 
*** Humboldt I. 86. 213.
	        
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