Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

wandt, oder durch Berührung von Muskel und Nerv unter einander 
erwecken lassen, können als Wirkungen der Elektricitätserregung durch 
einfache Berührung heterogener Körper angesehen werden (vergl. 
S. l)i Dessenungeachtet, wenn wir theils die Anordnung unsres 
Nervensystems, theils die von ihm abhängigen Erscheinungen in 
unsrem Organismus, theils die Umstände, welche die elektrischen 
Fische betreffen, in Betracht ziehen, können wir fast nicht umhin, 
anzunehmen, daß dasjenige, was in den Nerven im lebenden Körper 
wirksam ist, nichts anderes als das Fluidum der Elektricität sey, ja 
daß das ganze Nervensystem seinem Wesentlichen nach einen Erre- 
gungs- und Circulationsapparat der Elektricität darstelle, die nur 
deshalb in den meisten Fällen ihre Wirkungen nicht über den Orga 
nismus hinaus verbreitet, weil sie unter den Umständen eines ge 
schlossenen galvanischen Apparats wirkt, so daß nur die Theile, die 
sich in ihrem Kreise selbst befinden, ihre Wirkungen percipiren können. 
Wir müssen gestehen, daß ein Experimentnm crucis für diese 
Ansicht noch fehlt, und daß man daher dieselbe, bis ein solches ge 
funden seyn wird, noch für problematisch ansehen muß. Dessen 
ungeachtet scheinen mir die Gründe für die Gründe gegen bei 
Weitem zu überwiegen. Bevor ich aber zur Darstellung dieser 
Gründe übergehe, sey es mir erlaubt, eine kurze Uebersicht der 
Anordnung des Nervensystems, so weit sie zu gegenwärtigem Zweck 
hinreichend ist, vorauszuschicken, zugleich mit Angabe des Bezuges, 
den man im Fall der Richtigkeit dieser Ansicht den verschiedenen 
Theilen desselben unterzulegen hätte. 
Das Hauptcentralorgan des Nervensystems ist das Gehirn, 
das in der Schädelhöhle liegt, und sich durch ein, im Hinterhaupt 
befindliches, Loch des Schädels in den Canal der Wirbelsäule als 
Rückenmark fortsetzt. In diesem Gehirn und Rückenmark ist die 
unmittelbare Anlagerung zweier verschiedenen Massen an einander, 
einer weißen gefäßarmen (Marksubstanz), und einer röthlich- 
grauen, durch großen Reichthum von Pulsaderzweigen mit viel 
sauerstoffhaltigem Blut versehenen (Rindensubstanz), merkwür 
dig, die zusammen das ganze Gehirn und Rückenmark ausmachen, 
und zwar so, daß im Gehirn die weiße Masse nach Innen, die 
graue nach Außen liegt, dagegen im Rückenmark das umgekehrte 
Verhältniß Statt findet. Die weiße Masse des Gehirns setzt sich 
unmittelbar mit der weißen Masse des Rückeninarks fort, dagegen 
die grauen Massen beider Theile durch die weiße Masse selbst von 
einander abgeschnitten sind. 
Durch das Mikroskop betrachtet, zeigen sich beide Massen aus 
Kügelchen gebildet, die in der weißen Masse zu Linien oder Fasern 
regelmäßig an einander gereiht sind, in der grauen aber unregel 
mäßig oder klumprig neben einander liegen. Jene weißen Fasern 
oder Reihen von Kügelchen haben einen sehr verwickelten Verlauf im 
Gehirn, durchflechten und durchkreuzen sich zum Theil in demselben,
	        
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