Full text: Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie (Dritter Band)

Zersetzungen durch die galvanische Säule. 521 
daß hier eine geringere Neigung Statt finde, als beim Chlor, sich 
am negativen Pole mit Wasserstoff zu einer Wasserstoffsaure zu 
verbinden; eine größere dagegen als bei Chlor, am positiven Pole 
mit dem Sauerstoff eine Sauerstoffsaure zu geben, wiewohl absolut 
genommen die Verwandtschaft des Broms und Jods zu Wasserstoff 
viel größer bleibt, als die zu Sauerstoff. In der That scheint nach 
Beobachtungen von Grotthuß^ eine Bildung von Iodsaure am 
positiven Pole neben der Bildung von Iodwasserstoffsaure am nega 
tiven Pole außer Zweifel zu seyn, während hinsichtlich des Broms 
noch nichts in dieser Hinsicht bekannt ist. Ob sich hiebei Gas ent 
wickele, oder ob alle Bestandtheile des zersetzten Wassers zur Bil 
dung der neuen Verbindungen verwandt werden, kommt wahrschein 
lich hauptsächlich auf die Concentration der Lösungen und vielleicht 
noch andere Umstande des Versuchs an. 
Wird Jod in trockenem oder Brom in reinem Zustande zwi 
schen die Pole der Säule gebracht, so werden sie nicht zersetzt, 
unterbrechen vielmehr die Strömung. 
Kohle — Gur ausgeglühte Holzkohle wirkt in trockenem 
Zustande, zwischen die Poldrähte einer Säule gebracht, wie ein 
Metall, d. h. sie bewirkt die Schließung der Kette, ohne übrigens 
dabei eine in die Augen fallende Veränderung zu erleiden. In wie 
fern sich die Zersetzungserscheinungen in einer, im Volta'schen Kreise 
befindlichen, Flüssigkeit, in die man zugleich ein Stück Kohle gethan 
hat, modificiren, ist nicht durch Versuche ausgemittelt, läßt sich 
jedoch nach den Versuchen voraussehen, bei welchen die, mit Koh 
lenstücken versehenen, Enden der Poldrähte in Wasser tauchten, wo 
also die Kohle selbst die Pole der Säule, zwischen denen sich das 
Wasser befand, bildete. 
Als allgemeines Resultat wurde bei diesen Versuchen gefunden, 
1) daß der zum positiven Pol gehende Sauerstoff des zersetzten Was 
sers sich mit Kohlenstoff zu Kohlensäure verbindet, welche, wenn 
des Wassers eine hinreichende Menge vorhanden ist, sich darin auf 
löst, um so mehr, wenn es alkalische Substanzen enthält (Davy), 
daß aber sonst sich die Kohlensäure entbindet (Brugnatelli); 
2) daß der zum negativen Pole gehende Wasserstoff von der Kohle 
erst bis zu einem gewissen Sättigungsgrade absorbirt wird, worauf 
erst die Entbindung von Wasserstoff beginnt; 3) daß der sich ent 
* Grotthuß brachte geschmolzenes trockenes Jod zwischen zwei Wasser 
flächen (auf einer Glastafel), von welchen die eine mit dem positiven Pol, die 
andere mit dem negativen Pol in Verbindung ftaud, wo cs sehr bald vom Wasser 
durchdrungen ward. Am negativen Pol verband es sich mit dem Wasserstoff zn 
brauner jodhaltiger Iodwasserstoffsaure; und es entband sich so wenig hier als 
am positive» Pole Gas, woraus Grotthuß schließt, daß der Sauerstoff am 
lcßtcrn Pole zur Bildung von Jodsäure.verwandt worden sey. 
** Vcrgl. Davy in Gilb. VII. 129. XII. 355. 129.; Brugnatelli 
in Gilb. XXIII. 212.
	        
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