104 Gesetze des Erdmagnetismus.
und die Intensität der magnetischen Kräfte unter verschiedenen Brei
ten erleiden. Denn da diese Erscheinungen ebenfalls von der magne
tischen Wirkung des Erdkörpers bedingt werden, so müssen sie, um
eine genaue Darstellung von lctztrer zu erhalten, mit in Betracht
gezogen werden.
So wie wir bei Untersuchung der Neigung unser Augenmerk
zuerst darauf richteten, die Reihe der Orte ausfindig zu machen,
wo sie null ist; eben so müssen wir bei einer nähern Betrachtung
der Erscheinungen, welche die Abweichung darbietet, damit an
fangen, auf dem Erdkörper die Puncte festzustellen, wo sie null ist,
und deren Reihe die Linien bildet, welche man Linien ohne
Abweichung nennt 1 Diese Linien folgen den geographischen
Meridianen nicht; schneiden sie vielmehr in sehr schiefer Richtung
und bieten sehr unregelmäßige Biegungen dar. Nach den neuesten
Beobachtungen ist gegenwärtig eine Linie ohne Abweichung im At
lantischen Ocean, zwischen der alten und neuen Welt, vorhanden.
Sie schneidet den Meridian von Paris unter einer südlichen Breite
von ungefähr 65°; steigt von da nordwestlich herauf bis gegen
35° L«; wo sie sich in der Höhe der Küsten von Paraguay befin
det; worauf sie, fast wieder nordsüdlich werdend, längs der Küsten
von Brasilien hingeht und so bis unter die Breite von Cayenne
kommt. Von hier aber wendet sie sich plötzlich nordwestlich, nimmt
ihre Richtung nach den vereinigten Staaten und von da nach den
übrigen nördlichen Theilen des Festlandes von America, d>e sie,
immer der nämlichen Richtung folgend, durchschneidet.
Die Lage dieser Linie auf der Erde ist nicht beständig; wenig
stens ist sie seit anderthalb Jahrhunderten bedeutend von Ost nach
West fortgerückt. Sie gieng durch London im Jahre 16.57 und
durch Paris im Jahre 1664. Nach ihrer gegenwärtigen Richtung
also hat sie auf diesem Parallelkreise beinahe 80° L. in 150 Jah
ren durchlaufen. Es ist jedoch kein Zweifel, daß dieses Fortrücken
nicht in der ganzen Linie gleichförmig Statt hat, denn auf den
Antillen z. B. hat die Abweichung fast seit 140 Jahren keine Ver
änderung erfahren, lleberhaupt laßt sich, bei der jetzigen Langsam
keit dieser Bewegung, keineswegs mit Bestimmtheit schließen, daß
sie stets fortschreiten, oder daß sie immer nach einer gewissen Rich
tung fortgehen muß. Die sehr genauen Beobachtungen, die fort
während auf mehreren Observatorien in England und Frankreich
angestellt werden, schienen seit einigen Jahren einen Anfang von
rückgängiger Bewegung nach Ost anzudeuten; allein schon in den
r Die wesentlichen Elemente zu dieser Untersuchung sind mir von Hum
boldt gegeben worden.
* Man vergleiche zu ausführlicherer Belehrung hierüber den Artikel Ab
weichung in Gehlcrs physikal. Wort., wo man auch drei, von Ha» st een für
die Jahre 1600, 1700 und 1800 entworfene, Abweichungscharten finden kann.