158 Elektromagnetismus.
sichern Führer für den weitern Verfolg der Erscheinungen haben, und
wie verwickelt auch ihre Ableitung seyn mag, wird man doch sicher
seyn können, früher oder spater zu derselben zu gelangen. Ist man
dagegen über die eigenthümliche Beschaffenheit der Kräfte nicht im
Klaren, so schreitet man blindlings unter den Erscheinungen umher;
nimmt zusammengesetzte Resultate für einfache Wirkungen, glaubt
Neue Thatsachen zu sehen, wo nur Wiederholungen oder höchstens
geringe Modificationen der nämlichen vorhanden sind; und meint
oft, weit in diesem Labyrinth vorgeschritten zu seyn, wenn man
noch nicht viel weiter als am Anfange steht.
Um ähnliche Mißgriffe zu vermeiden, verlasse ich ganz die histo
rische Ordnung der Entdeckungen, und gebe in einem raschen Ueber-
blick, was bisher zur Vervollständigung der Analyse der elektroma
gnetischen Kräfte geschehen ist, welche Oersted so glücklich begonnen
hatte.
Das Nächste, worauf die Untersuchungen gerichtet werden muß
ten, war die Bestimmung des Gesetzes, nach welchem die, vom
Schließungsdraht ausgehende Kraft, je nach verschiedenen Entfer
nungen von seiner Axe, abnimmt. Diese Untersuchungen wurden
der Gegenstand einer Arbeit, die ich mit Savart unternahm, von
dem ich schon so viel interessante Entdeckungen im Abschnitt über die
Akustik angeführt habe. Wir nahmen eine magnetisirte Stahlnadel,
von der Gestalt eines ganz kurzen Parallelogramms, wie8U, Taf. XI.
Fig. 7; und hingen sie, um ihr eine vollkommene Beweglichkeit zu
ertheilen, in einem Glasgehäuse an einem einfachen Coconfaden in
horizontaler Richtung auf. Um ihr dabei völlige Freiheit zu verstat
ten, der, vom Schließungsdraht ausgehenden, Kraft zu gehorchen,
entzogen wir sie der Kraft des Erdmagnetismus, indem wir einen
magnetisirten Eisenstab S'3Y' in eine solche Entfernung und eine
solche Richtung davon anbrachten, daß diese Wirkung ganz dadurch
compensirt wurde. Eine solche Compensation läßt sich immer be
werkstelligen; denn welcher Art auch die Ursache der magnetischen
Wirkung, die von der Erde auf die magnetisirten Körper ausgeübt
wird, so wie die daraus hervorgehende Vertheilung der Kräfte seyn
mag, so bleibt jedenfalls so viel gewiß, daß die Wirkung dieser
Kräfte sich an jedem Orte blos durch eine Mittelkraft äußert, welche
die integrirenden Theilchcn dieser Körper nach einer gewissen bestimm
ten Richtung sollicitirt, woraus folgt, daß diesem, immer nur sehr
schwachen, Kraftbestreben dadurch entgegengewirkt und die Wage ge
halten werden kann, daß man einen Magnet in einer solchen Lage
anbringt, daß er auf den in Betracht gezogenen Körper eine gleich
starke aber direct entgegengesetzte Wirkung ausübt. Um dies Gleich
gewicht in unsrer Hemisphäre hervorzubringen, wo die magnetische
Mittelkraft des Erdkörpers als nördliche Kraft wirkt, muß man zu
vörderst, wenn die Nadel, die man zu seinen Versuchen anwendet,
horizontal ist, sie frei die Richtung des magnetischen Meridians an