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Anziehungen und Abstoßungen.
Sturme den Anblick des Himmels verdecken, zu finden. Eine
Magnetnadel, im Gleichgewicht auf einem Stifte schwebend, wird
ihr Führer, der sie eben so sicher leitet, als es der Anblick der Ge
stirne vermag. Diese eben so nützliche als einfache Erfindung ist
kaum weiter als bis ms zwölfte Jahrhundert zurück zu datiren.
Bis dahin durften die Schiffer nicht wagen, sich weit von den
Küsten zu entfernen. Die Entdeckung der Boussole oder des
Schiffscompasses setzte sie in den Stand, in das hohe Meer
hineinzusteuern und neue, von den mächtigsten Nationen des Alter
thums ungekannte, Lander aufzusuchen.
Was für die meisten der nützlichsten Erfindungen, gilt auch für
diese; man kennt den Namen dessen nicht, welchem das menschliche
Geschlecht eine so große Wohlthat verdankt. Man weiß nicht ein
mal genau, welches die Nation war, die zuerst die Polarität der
Magnetnadel als Mittel benutzte, eine Richtung im Raume sicher
zu bezeichnen. Die Jesuitischen Missionarien versichern, daß man
bei den Chinesen Spuren dieses Gebrauchs, die sich in ein sehr
hohes Alterthum verlieren, findet; jedoch glauben sie, daß man sich
desselben nur als Mittel, Richtungen des Weges auf dem Lande zu
finden, bediente, nicht aber daran dachte, auf dem Meere Gebrauch
davon zu machen; was unstreitig viel wichtiger ist, weniger jedoch
es für ein Volk seyn konnte, dessen Schifffahrt immer nur sehr be
schrankt gewesen zu seyn scheint. Wie dem auch sey, so findet man
sichere Beweise von der Kenntniß und dem Gebrauch des Schiffs-
cpmpasses ums Jahr 1150.
Dies find die vornehmsten Erscheinungen der magnetischen An
ziehung und Abstoßung. Bevor wir sie auf eine Theorie zurück
führen, will ich noch einige andre Thatsachen naher erörtern, von
denen ich deshalb nicht früher sprach, um den Gang der Darstel
lung nicht zu unterbrechen.
Lange Zeit hat man den Stahl und das Eisen für die einzi
gen des Magnetismus fähigen Substanzen gehalten; jedoch in den
neuen Zeiten entdeckt, daß auch Nickel und Kobalt desselben theil
haftig gemacht werden können. Wenn selbst diese Metalle durch
chemische Versahrungsartcn aufs Sorgfältigste gereinigt worden sind,
lassen sich die, daraus verfertigten, Nadeln magnetisch machen, und
zeigen dann ein sehr starkes Bestreben, die magnetische Richtung
anzunehmen; vielleicht zwar kein so starkes als Stahlnadeln, das
fich jedoch auf keinen Fall einem etwa darin zurückgebliebenen Rück
stand von Eisen zuschreiben läßt, der, nach der angewandten Ver-
fahrungsart, wo nicht null, doch ganz unmerklich seyn muß. Wei
terhin werden wir sehn, was von dem Magnetismus zu halten ist,
den mehrere Physiker dem Kupfer und verschiednen andern Körpern
beigelegt haben.
Ein magnetischer Stab, aus welchem Metall er immer beste
hen mag, verliert seine Eigenschaft, wenn er bis zum Weißglühen