Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

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Von der doppelten Stralenbrechung. 
ist mehr oder minder stark, je nach der Beschaffenheit des Krystalls 
und der Richtung, in der das Licht durch ihn hindurchgeht; diese 
letzte Art der Abänderung aber ist an ein bestimmtes, für alle Sub 
stanzen geltendes, Gesetz geknüpft. Im Allgemeinen giebt es zwer 
und nur zwei Richtungen, nach denen die Spaltung der verschieden 
gebrochenen Bündel null und ihre Geschwindigkeit die nämliche ist. 
Ich werde diese beiden Richtungen die Axen des Krystalls 
nennen: in dem Maße, als sich die gebrochenen Stralen davon ent 
fernen, werden die Geschwindigkeiten ihres Hindurchgehens ungleich; 
und diese Ungleichheit äußert sich durch das Auseinanderweichen, was 
sie im Allgemeinen bei den nämlichen Schiefen des Einfalls- oder 
Austrittswinkels erfahren. Die Ungleichheit der Geschwindigkeiten 
wächst in dem Maße, als die gebrochenen Bündel mit den beiden 
Axen größere Winkel bilden und wird die größtmögliche, wenn diese 
Winkel alle beide rechte sind, d. h. wenn die gebrochenen Bündel 
senkrecht auf die Ebene der beiden Axen werden. Unter den ver 
schiedenen Arten der Krystalle giebt es deren, wo der Winkel beider 
Axen völlig null ist, so daß man sie als nur mit Einer Axe ver 
sehen betrachten könnte; auch hat man sie wirklich Anfangs so be 
trachtet; allein cs ist bester, statt dieser Einen, in Gedanken zwei 
Axen, in eine vereinigt, anzunehmen, um der Analogie treu zu 
bleiben, und alle Krystalle unter das nämliche Gesetz bringen zu 
können. Jedenfalls indeß muß dieser Fall einfacher als der allge 
meine seyn, weil die Ungleichheit der Geschwindigkeiten hier nur von 
einem einzigen Winkel abhängt, weshalb ich ihn zuerst betrachten 
will, und um sein Studium noch zu erleichtern, wähle ich den 
rhomboidalen kohlensauren Kalk, gewöhnlich Isländischer Spath 
oder Isländischer Krystall oder schlechthin Doppel spath 
genannt, als Beispiel, der bei einer ausnehmend starken doppelten 
Brechung noch den Vortheil gewährt, sich häufig in Mineraliensamm 
lungen vorzufinden^. 
Die Krystalle dieses Minerals zeigen drei Richtungen der Blät- 
terdurchgänge, die sich sehr rein und leicht darstellen lassen, und ver 
möge deren sie sich, oft von selbst, in eine unendliche Menge kleiner 
rhomboidaler Solida, jedes mit sechs Flächen, die je zwei einander 
parallel, und aus ähnlichen Parallelogrammen gebildet sind, Taf. XV. 
Fig. 74, auflösen. Jedes dieser Rhomboiden hat sechs spitzige und 
zwei stumpfe körperliche Winkel, welche letztre von drei gleichen und 
gleich geneigten ebenen Winkeln gebildet sind. Bei den spitzigen Kan- 
tenwinkeln beträgt die Neigung der Flächen 74° 55/, mithin bei den 
andern 105° 5'. Malus hat diese Neigungen durch die Zurück- 
wcrfung des Lichts gemessen. Auch Wollafton seinerseits war zum 
nämlichen Resultat gelangt, und ich selbst habe Gelegenheit gehabt, 
* Neuerdings hat Marx gefunden, daß die doppelte Stralenbrechung des 
salpeters. Natrons wohl noch einmal so stark ist, als die des Doppclspatys.
	        
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