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Von der doppelten Stralenbrechung.
annehmen, und zum Theil Übereinanderfallen, Taf. XV. Fig-, 76.
Da nun, wie wir wissen, das gewöhnliche Bild immer in der ge
meinschaftlichen Einfalls- und Austrittsebene bleibt, so wird sich in
diesem Fall das, mit ihm zusammenfallende, außerordentliche Bild
gleichfalls darin befinden. Dieses Zusammenfallen beobachtet man,
wenn die Linie AC, nach welcher man hin visirt, einen der stum
pfen ebenen Winkel des Rhomboids in zwei gleiche Theile theilt,
oder der Richtung, in welcher diese Theilung geschehen würde, parallel
ist. Dann wird das Auseinanderweichen der Bilder nach der, auf
die Einfallsebene senkrechten, Richtung null; und welches mithin
auch die Kräfte seyn mögen, durch die die ungewöhnliche Brechung
hervorgerufen wird, jedenfalls kann man sicher seyn, daß ihre Mit
telkraft ganz in dieser Ebene enthalten ist. Auch hat man ihr einen
besondern Namen gegeben: man nennt sie den Haupt schnitt deS
Rhomboids (secrioir prmcipale du rhomboide). Nahme man an,
der Krystall, mit welchem man diese Versuche vornimmt, hatte genau
die Kerngestalt, welche dem kohlensauren Kalk angehört, so würden
die Grundflächen des Rhomboids vollkommen geschobene Vierecke
seyn, und der Hauptschnitt würde dann die kleinen Diagonalen ent
halten, welche auf jeder Grundfläche durch die Spitzen der stumpfen
Winkel gezogen werden. Die Ebene dieses Schnitts wird also mit
dem Rhomboid einen Durchschnitt von der Gestalt eines Parallelo
gramms AL A'B', Fig\ 77 bilden, in welchem die Seiten AL,
A'B' die kleinen Diagonalen der entgegengesetzt gelegenen Rhomben
darstellen, und AB', A'B die Kanten, durch welche sie im Rhom
boid verbunden werden. Die Linie AA', welche durch die beiden
stumpfen Ecken A, A' gezogen wird, heißt die Axe des Kry
stalls; sie ist gegen alle Flachen gleich geneigt, und bildet mit ihnen
einen Winkel A'AB von 45° 23' 25", während der Winkel B'AA'
63° 44' 45" beträgt. Auf diese Axe sind alle Erscheinungen der
ungewöhnlichen Brechung zu beziehen, wenn man symmetrische und
einfache Gesetze darin finden will. Diese Linie nun ist nicht blos in
den Krystallen des Isländischen Späths vorhanden, deren Gestalt
äußerlich die, der Kerngestalt zukommenden, symmetrischen Verhält
nisse zeigt; vielmehr muß man sie sich gleicherweise in jedem kleinen
Elemente aller solcher Krystalle vorhanden denken, welche Gestalt
auch übrigens ihr Aggregat äußerlich durch Kunst oder Natur erhal
ten haben mag, und sie bildet hier den nämlichen Winkel mit ihren
Flächen. Denkt man sich in einem dieser kleinen Elementar-Rhom-
boiden eine Ebene senkrecht auf eine seiner Flächen, und welche seinen
stumpfen Winkel in zwei gleiche Theile theilt, so ist diese Ebene allen
solchen Ebenen parallel, die sich durch sämmtliche andere Elemente der
* Mau wird sich am lichtesten diese Darstellung verdeutlichen können, wenn
man steh ein Rhoniboid aus Rüben oder Möhren ausschncidct, und hieran die
Schnitte hervorbringt.