Von der doppelten Stralenbrechung. 335
welcher Durchschnittsrichtung sie auch übrigens eingetreten seyn
mögen. Schneidet man demnach aus der zu prüfenden Substanz
mehrere Stücke nach verschiedenen Richtungen aus, leimt sie mit
ihren Seitenflächen aneinander und arbeitet dann aus ihrer so her
vorgebrachten Verbindung ein Prisma mit vollkommen ebenen Flä
chen aus, so werden die Lichtstralen beim Hindurchgehen durch dies
Prisma in allen seinen Stücken bei gleichem Einfallswinkel gleiche
Ablenkungen erfahren müssen, so z. B. das; das Bild einer geraden,
dem Prisma parallelen, Linie nicht geknickt, sondern auch durch die
Brechung gesehen, noch als gerade Linie erscheinen wird. Formt
man nun solche Prismen aus Stücken eines und des nämlichen
Topas oder irgend eines andern zweiaxigen Krystalls, die man nach
verschiedenen Richtungen herausgeschnitten hat, so zeigt sich, daß eine
solche Gleichheit der Ablenkung für keine der beiden Brechungen
Statt hat, so daß man schließen muß, daß keine derselben durch
eine beständige Geschwindigkeit hervorgebracht wird.
Wenn jedoch dieser Versuch hinreicht, die Veränderlichkeit der
Geschwindigkeit (im Allgemeinen) darzuthun, so würden sich doch
schwer dadurch absolute Maßbestimmungen in hinlänglicher Genauig
keit erhalten lassen; indem, wenn man die Brechungen der, durch
die aneinander gränzenden Stücke des Prisma's hindurchgegangenen,
Bilder mit einander vergleichen wollte, man großen Unsicherheiten
ausgesetzt seyn würde, herrührend von der Schwierigkeit, vollkom
men ebene Einfalls- und Austrittsoberflächen hervorzubringen, so
wie von den Unregelmäßigkeiten, die in der Brechung der Bilder
nahe an den Rändern der aneinander gränzenden Stücke vorgehen,
wohin man sie doch bringen muß, um sie mit einander vergleichen
zu können. Eben so wenig kann man daran denken, die absoluten
Werthe der verschiedenen Ablenkungen zu beobachten, weil die Irr
thümer, denen man bei Schätzung derselben ausgesetzt wäre, den
immer nur sehr geringen Unterschieden in der Brechung, um deren.
Messung es zu thun ist, vergleichbar werden könnten. Ein Umstand
jedoch, der eine leichte 'Beobachtung zuläßt, kann wegen seines ge
nauen Zusammenhangs mit dem Gesetze der Geschwindigkeiten auf
indirectem Wege zur Entdeckung desselben führen, indem er abge
änderte Bedingungen darbietet, denen es genügen muß. Dieser
Umstand liegt in dein Auseinanderweichen der beiden gebrochenen
Bündel, herrührend von der Spaltung eines und des nämlichen,
von Außen einfallenden, Strals, welcher in den Krystall durch
Flächen, natürliche oder künstliche, eindringt, von denen man die
Richtung, nach denen sie geschnitten sind, kennt. Da nämlich die
ses Auseinanderweichen in allen bisher beobachteten Substanzen nur
sehr gering ist, und da seine Veränderung um jede Richtung des
Einfallens nur sehr langsam fortschreitet, so ergiebt sich, daß der
Unterschied der beiden Geschwindigkeiten, von dem es abhängt, auch
immer nur sehr schwach in Vergleich mit ihrem absoluten Werthe