Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

336 Von der doppelten Strcrlenbrechung. 
seyn muß, so daß man die Größe des Auseinanderwcichens beider 
Stralen als diesem Unterschied selbst proportional annehmen kann; 
daß man ferner in den analytischen Formeln, die seinen Ausdruck 
geben, die Veränderungen der beiden Geschwindigkeiten vernachlässi 
gen, und mithin ihre absoluten Werthe als beständig und so wie 
sie sich aus einigen Messungen absoluter Ablenkungen nach der 
Regel von Descartes ergeben würden, in die Rechnung einfüh 
ren kann. Dies nun, daß sich die Beobachtung des Auseinander- 
weichens der Stralen als ein so geeignetes Mittel zeigt, uns das 
Gesetz des Unterschiedes der Geschwindigkeiten entdecken zu lassen, 
muß uns veranlassen, Wege aufzusuchen, um diese Beobachtung mit 
der äußersten Genauigkeit anzustellen. 
Diesen Zweck erreicht man, selbst bei Krystallen, wo die dop 
pelte Brechung am schwächsten ist, durch Hülse folgenden Apparats, 
mit welchem ich eine sehr große Menge Versuche an allen Arten 
von Krystallen, sowohl ein- als zweiaxigen, angestellt habe. 
Sein Haupttheil besteht aus zwei Linealen von Elfenbein AX, 
AZ, (Fig-. 1. Taf. XVIII. im folgenden Bande) welche in gleiche 
Theile abgetheilt und rechtwinklig an einander gefügt sind. Das 
erste AX kommt auf ein horizontales Tischblatt zu liegen; wo 
dann das andre AZ vertical wird. Eine Säule 11h, deren obere 
und untere Endflächen parallel und aus zwei ebenen Spiegelplat 
ten gebildet sind, läßt sich über die Einthcilung AX hinführen und 
so in verschiedene bekannte Abstände von der Einthcilung AZ 
bringen. 
Diese Anordnung genügt, wenn die beiden Brechungen, die 
man beobachten will, in der Verlängerung der Einfallsebene erfol 
gen, wie dies bei der gewöhnlichen Brechung Statt hat. Nun 
tritt dieser Fall bei allen Krystallen für gewisse Einfallswinkel und 
Richtungen des Schnitts ein. Da er der einfachste ist, und zum 
Verständlichmachen der Methode ausreicht, so will ich ihn zuerst 
erörtern. 
Wenn die zu beobachtende Substanz eine sehr kräftige Bre 
chung besäße, so könnte man, wie Malus gethan, sich begnügen, 
parallelflächige Platten daraus zu bilden und damit nach der zu 
erörternden Weise zu verfahren. Da aber dieser Fall ausnehmend 
selten ist, so will ich im Allgemeinen voraussetzen, der Krystall 
werde als Prisma zugeschnitten; ich gebe selbst, um die Brechung 
merklicher zu machen, diesem Prisma gewöhnlich einen großen Win 
kel BCD, einen rechten z. B., womit der besondre Vortheil einer 
Vereinfachung der Rechnungen verbunden ist. Allerdings vermag das 
Licht nicht unmittelbar durch die beiden Flächen eines solchen Pris- 
ma's hindurchzudringen, wenn dies sich in einem so schwach brechen 
den Mittel, als die Luft ist, befindet, weil die, durch die erste Fläche 
BC eingetretenen, Stralen nach Innen zurückgeworfen werden, 
wenn sie auf die zweite auffallen (weil sie unter einem sehr schiefen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.