Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

Von der doppelten Stralenbrechung. 337 
Winkel auffallen müssen). Deshalb befestige ich an dieser zweiten 
Fläche, welche in der Figur durch CD vorgestellt ist, ein PnSma 
oder Parallelepipedum von Glas CDFG, dessen brechender Winkel 
D dem Winkel C des Krystall-Prisma's ungefähr gleich ist, so 
daß die vordere Fläche CB des Krystalls und die Hintere DG des 
Glases einander ziemlich parallel sind. Die Vereinigung beider 
Prismen wird so bewerkstelligt, daß man sie erwärmt, und zwischen 
ihren Oberflächen einige rechr reine Körner Mastix (mastix ¡ n la- 
crymis) schmelzen laßt, die durch den Druck in eine ganz dünne 
und sehr durchsichtige Schicht ausgebreitet werden. Diese Schicht 
reicht nach dem Erkalten hin, ein starkes Anhaften beider Oberflä 
chen zu bewerkstelligen und das Licht zum Durchgang von einer zur 
andern zu bestimmen, so daß das Sehen durch das Doppelprisma 
möglich wird. Man legt dies alsdann mit seiner Fläche BC auf 
die obere Endfläche der Säule HL; welches erfodert, daß die Fläche 
CB des Glases ein wenig vor BC hervortritt oder in ihre Verlän 
gerung fällt; und, damit der Krystall unverrückt vor der Scale 
AZ in der Lage bleibt, die man für zweckmäßig zu den Versuchen 
erachtet, bringt man im Voraus auf den Rand der Spiegelplatte 
einige Tröpfchen verdicktes Terpentinöl, welche hinreichen, sein An 
haften daran zu bewirken. Darauf bringt man sein Auge nach V, 
hinter die Hintere Fläche des Glases und blickt durch das Doppel- 
prisma nach der verticalen Scale AZ hin. Sie erscheint doppelt, 
vermöge der doppelten Brechung, welche jeder der davon ausgehen 
den Stralen durch den Krystall erfährt: so daß man eigentlich zwei 
Scalen erblickt, welche in einer gemeinschaftlichen Richtung über- 
einanderfallen, wenigstens wenn die seitliche Ablenkung null ist, wie 
wir für jetzt voraussetzen. Uederdies aber bewirkt die Ungleichheit 
der beiden Brechungen, verbunden mit der des Abstands (nämlich 
der Ungleichheit des Abstands der Eintheilungsstriche vom Prisma), 
daß die homologen Bilder der Eintheilungsstriche, welche von den 
beiden Brechungen herrühren, nicht allenthalben gleich weit aus einan 
der zu liegen kommen. Beträgt ihre Entfernung an gewissen Stel 
len ein halbes Intervall der Theilungsstriche, so beträgt sie weiter 
hin ein ganzes, und hier fallen zwei Striche beider Scalen, ob 
wohl nicht die homologen, zusammen. Weiterhin hört das Zusam 
menfallen wieder auf, die Theilungsstriche beider Scalen treten aber 
mals aus einander; nachdem aber in einiger Entfernung von da ihr 
Auseinanderweichen wieder bis zu einem ganzen Intervalle der Scale 
zugenommen hat, fallen sie wieder zusammen, und es tritt ein aber 
maliges Zusammentreffen beider Scalen ein. Fiele z. B., im ersten 
Falle, der 451ste Strich der einen Scale mit dem 450sten der 
andern zusammen, so daß beide Scalen hier um einen Grad auS 
einander wichen, so wird, wie ich z. B. annehmen will, das zweite 
Zusammentreffen mit 502 und 500 eintreten, und sonach wird, 
unter diesem Einfallswinkel, das Auseinanderweichen zwei Abthei- 
SBiot’i Experimental-Physik. IV. 22
	        
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