Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

338 Von der doppelten Stralenbrechung. 
langen der Scale betragen; drei solcher wird es betragen, wenn die 
zusammenfallenden Theilungsftriche um drei Einheiten verschieden 
sind, und so fort. Um nun den Folgerungen hieraus nachzugehen, 
wollen wir einen dieser Fälle, z. B. den zweiten, wieder vornehmen. 
Daraus, daß die Striche 502 und 500 zusammenfallen, wenn sie 
durch das Doppelprisma gesehen werden, folgt, daß der vom Strich 
502 ausgegangene Stral, nachdem.er. in den Bereich des Systems 
der Brechung gekommen ist, welches das (durch die ungewöhnliche 
Brechung hervorgebrachte) Bild 6 hervorruft, zu dem, in V befind 
lichen, Auge in derselben Richtung gelangt, als der Stral, welcher 
vom 500sten Theilstrich hergekommen ist, und den Einfluß des 
Brechungssystems erfahren hat, welches das (gewöhnliche) Bild o her 
vorruft ; und, da das Auseinanderweichen dieser beiden Stralen 
nicht durch das Glasprisma hat hervorgebracht oder modificirt wer 
den können, weil dies Prisma, seines nicht krystallinischen Zustan 
des halber, nur eine und die nämliche Art Brechung auf sie aus 
übt, so folgt, daß, wenn die beiden, vom 502ten und 500sten 
Striche herkommenden, Stralen bei ihrer Ankunft im Auge zusam 
menfallen, sie auch schon beim Durchgang durch das Glas zusam 
mengefallen sind, mithin schon bei ihrem Austritte aus dem Kry 
stall zusammenfielen: eine Bedingung, welche ein sehr genaues Mit 
tel darbietet, das Gesetz zu bewähren, welchem das, vom Geschwin 
digkeitsunterschiede beider Stralen bedingte, Auseinanderweichen der 
selben im Krystall folgt. Zuvörderst nämlich läßt sich die Richtung, 
unter welcher jeder dieser beiden Stralen einfällt, bestimmen; denn 
Ol z. B. anlangend, weiß man, daß er vom Punct O ausgeht, 
dessen Lage auf der verticalen Scale bekannt ist, und daß er von 
da zum Einfallspuncte I gelangt, dessen Lage gleichfalls auf der 
Säule durch ihre Höhe und ihren Abstand von der verticalen Scale 
gegeben ist. Aehnliche Data hat man für den einfallenden Stral 
Fi, der das andre System der Brechung erfährt, mag man nun 
seinen Einfallspunct für den nämlichen als den von 01 annehmen, 
oder auch die kleine Verschiedenheit dieser Puncte durch die Berech 
nung ausmitteln, indem man die Dicke des Krystall-Prisma's 
berücksichtigt, wie ich weiterhin angeben werde. Gesetzt nun, die 
Gesetze der beiden Brechungen o, e wären bekannt, oder auch blos 
durch irgend eine hypothetische Analogie angedeutet, deren Statthaf 
tigkeit man nachzuweisen sich vorgesetzt hätte, so braucht man nur 
zuvörderst dem Stral Ol, welcher die Brechung o erfährt, durch 
den Krystall hindurch zu folgen, welches nach dem Gesetze gesche 
hen kann, das man als gültig für diese Brechung voraussetzt', und 
ihn so bis zu seinem Austritt an der Oberfläche in I' zu führen. 
Darauf berechne man den Lauf eines Strals e, der durch diese 
Oberfläche in den Krystall hineinträte, nachdem er von demselben 
äußern Stral IT' ausgegangen wäre; leite ihn durch das Prisma 
bis zur ersten Oberfläche nach dem, hypothetisch für die Brechung 6
	        
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