350 Von der doppelten Stralenbrechung.
gen in einer, mit doppelter Brechung begabten, krystallinischen Sub
stanz angeben zu können, hinreicht, diese Ablenkungen in einem ein
zigen Stück dieser Substanz nach Richtungen, deren Bezug zu den
Axen bekannt ist, zu beobachten, und durch Vergleichung der Ablen
kungen mit den theoretischen Formeln die beiden beständigen Größen
n utitb n' daraus herzuleiten, deren eine die gewöhnliche, und die
andre die ungewöhnliche Geschwindigkeit darstellt, wenn die Winkel
II, II" alle beide rechte sind, d. h. wenn die Stralen durch den
Kmstall senkrecht aus die Ebene, welche die beiden Axen enthält,
hin durchgehen.
Hier, wie bei der einfachen Brechung, sind sich die Geschwin
digkeiten v", y für die verschiedenen einfachen Stralen, aus welchen
dos weiße Licht zusammengesetzt ist, nicht in aller Strenge gleich.
Auch erscheinen die Bilder, welche durch die Doppelbrechung hervor
gebracht werden, im Allgemeinen farbig, vermöge dabei Statt fin-
diender Zerstreuung des Lichts, gleich den gewöhnlichen Bildern, ob
wohl nicht auf dieselbe Weise. Weiterhin werden wir die Gesetze
dieser Erscheinung näher untersuchen, wenn erst von der Zersetzung
des Lichts und der Theorie der Farben gehandelt seyn wird.
Bis dahin müssen wir auch die nähere Auseinandersetzung einer
merkwürdigen Thatsache verschieben, welche von I. F. W. Her-
schel, Sohn des berühmten Astronomen, entdeckt worden ist.
Nämlich in einem und dem nämlichen Krystall sind die Axen, in
Bezug zu welchen die doppelte Brechung der verschiedenen einfachen
(Stralen Statt hat, oft von einander geschieden und stellen für jede
Art Licht ungleich geneigte Paare dar, die jedoch immer in einer
und der nämlichen Ebene enthalten, und symmetrisch um eine und
dieselbe Gerade angeordnet sind, welche die Winkel aller Paare in
zwei gleiche Theile theilt. Diese Art Zerstreuung ist bisher nur in
den zweiaxigen Krystallen angetroffen worden. Folge derselben ist,
daß bei Gleichheit des Einfallswinkels die Winkel II, II", welche von
den gebrochenen Stralen mit den Axen gebildet werden, je nach der
Beschaffenheit der Stralen verschieden sind, welches auf die Ablen
kungen, die sie erleiden, von Einfluß seyn muß. Es erhellt hier
aus, daß zu einer scharfen Bestimmung der Erscheinungen die An
gabe der besondern Art von Stralen erfoderlich ist, an welchen man
dieselben beobachtet hat. Hinfort wird man, wenn wir keine beson
dern Bestimmungen hinzufügen, wie bei der gewöhnlichen Brechung,
allemal anzunehmen haben, daß von den mittlern Stralen des Far-
benbildes, d. i. den grünen oder gelben, die Rede ist, oder daß bei
der betrachteten Erscheinung die Farbenzerstreuung unmerklich oder
eine Berücksichtigung derselben nutzlos ist.
Im Allgemeinen sind für eine und dieselbe Art einfacher Stralen
die Werthe oes Coefficienten k oder n" 2 •— n a verschieden in Kry
stallen von verschiedener Gestalt oder verschiedener chemischer Beschaf
fenheit, woraus folgt, daß die doppelte Brechung in diesen Körpern