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Von der doppelten Stralenbrechung.
Mineralog, Sorrel, dein wir eine sehr gründliche Arbeit über die
Anordnung der Axen der doppelten Brechung in Bezug zu den Flächen
der Primitivgestalten verdanken, hat gefunden, daß die Ebene, welche
die Axen enthält, immer symmetrisch in dem, als Primitivgestalt
angenommenen, Solidum oder den davon krystallographisch abzulei
tenden, liegt; und die Axen selbst haben eine solche Richtung in
dieser Ebene, daß sie mit den Flächen des Solidums gleiche Winkel
bilden. Diese von der Symmetrie hergenommenen Charaktere lassen
gewöhnlich über die Lage der Axen in jeder Art von Gestalt nur
wenig Unbestimmtheit obwalten, und sind somit von Nutzen, indem
sie den Versuchen, die man zu ihrer Auffindung anzustellen nöthig
hat, die Richtung anweisen und sie abkürzen.
Bei Untersuchung der Erscheinungen, welche die einaxigen Kry
stalle darbieten, bemerkten wir, daß sie mit vollkommener Symmetrie
zu beiden Seiten der Ebene vor sich gehen, welche wir den Haupt
schnitt nannten, und die durch die Axe des Krystalls und das Per
pendikel auf die Einsallsfiäche, durch welche der Stral eindringt,
gelegt war. In den zweiaxigen Krystallen hat diese Symmetrie
nicht mehr allgemein Statt, zeigt sich jedoch wieder, wenn die Rich
tungen der beiden Axen gegen die Einsallsfiäche gleich geneigt sind.
Dann denke man sich durch jede der Axen des Krystalls und durch
das Perpendikel auf diese Fläche eine Ebene, und noch eine dritte
durch dasselbe Perpendikel gelegt, welche den Neigungswinkel der
beiden ersten in zwei gleiche Theile theilt. Alle Erscheinungen im
Krystall gehen symmetrisch zu beiden Seiten dieser mittlern Ebene
vor sich, und die beiden Brechungen erfolgen darin ohne seitliche
Ablenkung wie im Hauptschnitt der einaxigen Krystalle. Auch liegt
in der Bestimmung, wie wir sie von jener Ebene gegeben haben,
die Construction dieses Hauptschnitts schon mit enthalten. Denn
denkt man sich, daß die beiden Axen sich einander so nähern, daß
sie in eine einzige Linie zusammenfallen, so werden auch die drei
angegebenen Ebenen in eine zusammenfallen, welche durch die jetzt
allein vorhandene Axe und das Perpendikel auf die betrachtete Ein
sallsfläche geht, eine Construction, die ganz mit der übereinstimmt,
nach der wir früher den Hauptschnitt der einaxigen Krystalle be
stimmten
Von der Zurückwerfung auf der zweiten Oberflache
der Krystalle.
Die hier auseinandergesetzte Theorie ist nicht blos für die Stra-
len, welche ungewöhnlich durch die Krystalle gebrochen werden, gültig,
* In den Zusähen zu diesem Capitel wird eine Zusammenstellung der bis
seht gefundenen Resultate über die Axenwinkcl der zweiaxigen Krystalle gegeben
werden.