Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

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Sonderbare Erscheinungen 
Von einigen sonderbaren Erscheinungen, welche durch 
die doppelte Brechung hervorgebracht werden. 
Wenn man kleine Gegenstände durch ein Rhomboid aus Is 
ländischem Spath betrachtet, so zeigen sich in der Anordnung der 
beiden Bilder einige Sonderbarkeiten, die jedoch ihre vollständige 
Ableitung in der Theorie stnden. Sie waren Huyghens nicht 
entgangen, der sie sämmtlich ins Licht gesetzt hat. Da manche, 
welchen diese Art Betrachtungen nicht geläufig ist, hiebei einen An 
stoß finden könnten, so halte ich eine kurze Auseinandersetzung der 
selben nicht für nutzlos. 
Es sey Taf. XV. Fig-. 97, L der stralende Punct, und 8 
das Auge, das ich größerer Einfachheit halber in^der Ebene des 
Hauptschnitts AB, A'B des Rhomboids befindlich annehmen will. 
Wie wird unter diesen Umständen das Sehen erfolgen? 
Zuvörderst wird es hier, wie bei jedem andern durchsichtigen 
Körper, einen gewöhnlichen Stral geben, der durch das Rhomboid 
zum Auge gelangen kann. Es sey UI' dieser Stral. Bei seinem 
Eintritt in I durch die erste Fläche des Rhomboids wird er einen 
ungewöhnlichen Stral 11/ abgeben, der aber nicht zum Auge gelan 
gen kann. Um sich hievon zu überzeugen, braucht man nur durch 
den Einfallspunct I die Linie IX, parallel mit der Axe des Rhom 
boids zu ziehen. Da die, von dieser Axe ausgehende, Kraft die 
Lichttheilchen zurückstößt, so müssen diejenigen, welche ihr gehor 
chen, über den gewöhnlichen Stral Hinausgetrieben werden, und 
z. B. nach der Richtung II/ fortgehen. In 1/, an der zweiten 
Oberfläche angelangt aber, müssen sie parallel mit ihrer ursprüng 
lichen Richtung Li austreten. Es wird mithin ein Stral 1/8' 
daraus hervorgehn, der, da er mit I'S parallel ist, nicht in den 
Punct, wo sich das Auge befindet, eintreffen kann. Das Näm 
liche würde sich für jeden andern ungewöhnlichen Stral erweisen 
lassen, der von, näher am stumpfen Winkel A' einfallenden, Stra 
len herrührte. 
Das ungewöhnliche Bild wird also durch Stralen hervorge 
bracht werden, die an der entgegengesetzten Seite von LI einfal 
len, d. h. näher an der Ecke B'. Unter diesen wird sich einer, 
Li, befinden, dessen gewöhnliches Bündel nicht zum Auge gelan 
gen kann, dessen ungewöhnliches ii' aber nach seinem Austritt 
dahin wird gelangen können, so daß das Auge zwei Bilder empfan 
gen muß, ein gewöhnliches, nach der Richtung 81' und ein unge 
wöhnliches nach 8i', so daß das erste immer der steinen Ecke B' 
näher erscheinen wird. Nähme man die Lagen des Auges und des 
stralenden Punctes in Bezug zum Rhomboid für gegeben an, so 
könnte man die Richtungen dieser beiden Stralen leicht berechnen, 
indem man die Einfalls- und Austrittswinkel, die sie mit der Ein 
tritts- und Austrittsfläche bilden, als die zu findenden Größen
	        
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