Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

Ueber die doppelte Brechung im zusammengedr. Glase. 373 
Fünftes Capitel. 
lieber die doppelte Brechung, welche im Zusammen 
gedr ü ck t e n Glase vor sich geht» 
Substanzen, denen im gewöhnlichen Zustande die Fähigkeit der 
doppelten Brechung nicht zukommt, können sie doch erlangen, wenn 
ihr Aggregatzustand durch einen äußern Druck künstlich verändert 
wird. Diese wichtige Thatsache, welche schon vorher durch die phy 
sischen Charaktere, die die Lichtstralen nach ihrem Durchgänge durch 
solche Körper darboten, eine ausnehmende Wahrscheinlichkeit erhielt, 
ist von Fresnel durch nachstehenden Versuch vollends außer Zwei 
fel gesetzt worden 
Fresnel legte vier gläserne Prismen, AMÄ, Taf. XV. 
Fig’. 100 bis, deren brechender Winkel ein rechter war, parallel 
neben einander, so daß die Endflächen A auf die nämliche gerade 
Linie zu liegen kamen und in dieselbe Ebene fielen, die Längenkan- 
ten aber sich in Berührung mit einander befanden. Zu jeder Seite 
legte er einen langen Streif Pappe an ihre Endflächen an, der sie 
sämmtlich bedeckte: an diesen Streif legte er einen von Holz, an 
diesen wiederum einen von Stahl. Darauf brachte er dies System 
in eine Art Schraubstock, so daß dessen Backen gegen die Stahl 
streifen andrückten, sie gegen die entgegengesetzten Enden der Pris 
men preßten, und mithin auf diese nach der Richtung ihrer Axe 
einen ziemlich gleichförmigen longitudinalen Druck ausübten. Darauf 
brachte er zwischen die vier so zusammengedrückten Prismen vier 
andre Prismen von demselben Winkel BBBB, die aus der nämli 
chen Art Glas bestanden, aber in ihrrm gewöhnlichen Aggregatzu 
stande gelassen waren. Sie wurden an die ersten durch eine Schicht 
im Feuer verdickten Terpentinöls geleimt, welche, indem sie eine un 
mittelbare Berührung zwischen ihren Oberflächen herstellte, den 
Durchgang des Lichts durch das System der acht Prismen unge 
achtet der Größe ihres brechenden Winkels möglich machte. Wirk 
lich, wenn ein sehr dünner Lichtstral senkrecht durch die erste Ober 
fläche dieses Apparats eingelassen war, trat er frei und fast senk 
recht durch die letzte wieder aus; und zwar, was die Hauptsache 
bei diesem Versuch ist, er trat in zwei Bündel gespalten aus, deren 
bemerkbares Auseinanderweichen für einen und denselben Abstand 
mit der Verstärkung des äußern Druckes zunahm. Zn manchen 
Fällen stieg das Auseinanderweichen auf anderthalb Millimeter bei 
einem Meter Abstand, so daß es sich auf keine Weise verkennen 
ließ; und eben so wenig ließ sich der Grund davon in einer Ver 
doppelung der Bahnlinie des Lichts, wie sie in Mitteln von verän 
derlicher Dichtigkeit entsteht, suchen; denn wegen der Anzahl der 
Luv. Ne Ch. et de Pli. XX. 376.
	        
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