Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

Farbenzerstreuung, durch die Brechung hervorgebracht. 375 
Zerlegung des Lichts. 
Erstes Capitel. 
Von der durch die Brechung hervorgebrachten 
Farbenzerstreuung 
bisher haben wir, so zu sagen, nur die Axen der gebrochnen 
Bündel in Betracht gezogen, ohne die Zerstreuung zu berück 
sichtigen, die sie beim Hindurchgange durch brechende Körper erfahren. 
Jetzt werden wir uns mit den Erscheinungen dieser Zerstreuung 
beschäftigen, deren gründliche und vollständige Untersuchung zu den 
schönsten Arbeiten Newtons gehört. 
Bekanntlich erscheinen die Bilder von Gegenständen, die man 
durch ein brechendes Prisma betrachtet, nicht an ihrer wahren Stelle, 
sondern werden nach der Spitze seines brechenden Winkels abge 
lenkt. Es sey, Taf. XV. Fig. 101, O das Auge des Beobachters, 
ACB der Durchschnitt, der durch das Prisma mit einer Ebene senk 
recht auf seine Kanten gemacht ist, und welche durch den Punct O 
geht, endlich SS' der, in dieser Ebene befindliche, Gegenstand. Das 
Bild ss' wird sich nach dem Winkel 6 erhoben darstellen, weil 
es nach der Richtung Oil, OK' erblickt wird, in welcher die Licht- 
stralen aus dem Prisma austreten, nachdem sie successiv zwei Bre 
chungen auf den Flächen AC, BC erfahren haben. Die Gesetze 
dieser Ablenkung sind in den vorigen Capiteln hinlänglich von uns 
erörtert und die Mittel angegeben worden, den Gang des Strals 
sowohl innerhalb als außerhalb des Prisma's zu berechnen. 
Schon damals aber bemerkten wir, daß die Umrisse des Bil 
des nicht scharf und kantig sind wie die des Gegenstandes; das 
Bild verlängert sich nach der Richtung ss', senkrecht auf die Kanten 
des Prisma, und zeigt Regenbogenfarben. Diese Färbung werden 
wir jetzt zum Gegenstände unserer Untersuchungen machen. 
Um von einer festen Vorstellung auszugehen, wollen wir die 
Kanten des Prisma's für horizontal annehmen, wodurch die Linie 
8»' vertical wird; überdies uns die Spitze des brechenden Winkels 
nach oben gekehrt denken, wie die Figur darstellt. Endlich sey hin 
ter dem Gegenstände ein schwarzes Tuch befindlich, damit seine 
Stralen sich nicht mit fremdem Lichte vermischen. Unter diesen Um- 
standen erscheint der untere Rand des Bildes stets roth, der obere 
blau und violet gesäumt. 
* Ueber die Farbcnzerstrcuung im Sinne der Wellenthcorie vergl. das 10ie 
Capitel des sechsten Buchs; ferner Rudberg in Pogg. IX. 483; Bigeon in 
Ami. de Ch. et de Ph. XXXVII. 440.
	        
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