Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Vierter Band)

durch die Brechung hervorgebracht. 37? 
von der wir sprechen, ist diejenige, in welcher der Winkel StA dem 
Winkel OR'B gleich ist. Nun erfolgt die Sache keineswegs auf diese 
Art in der Wirklichkeit, denn welche Lage man auch dem Prisma 
geben mag, welche Neigung man es gegen die einfallenden Stralen 
annehmen lasten mag, nie kann man dahin gelangen, das gebro 
chene Bild auf diese Weise mit dem directen von gleicher Dünne 
hervorzubringen, und der Unterschied ist um so merklicher, je gerin 
ger die Breite des Gegenstandes selbst ist. Dies Resultat, welches 
durch alle folgenden Versuche noch bestätigt und in seiner Allgemein 
heit nachgewiesen werden wird, nöthigt uns somit zu dem Schlüsse: 
das; nicht alle von den irdischen Gegenständen aus 
gegangenen Stralen bei ihrerBrechung das nämliche 
Verhältniß des Einsallssinus zum Brechungsinus 
befolgen. 
Wir haben überdies gesehen, daß das Bild der Nadel, des Sei 
denfadens u. s. w. aus parallelen Streifen von verschiedenen Farben 
besteht. Wir müssen demnach schließen, daß die Brechung für die 
Srralen, welche die Empfindung dieser verschiedenen Farben hervor 
bringen, ungleich ist, so daß die Erweiterung des Bildes durch das 
verschiedne Brechungsvermögen bedingt wird. 
Da ferner das Licht der Nadel, welches alle diese Farben erzeugt, 
weiß erschien, als das Auge es direct empfing, bevor es durch das 
Prisma gespalten war, so erhellt, daß dasjenige, was wir weißes 
Licht nennen, nichts anders seyn kann, als die Vereinigung einer 
gewissen Anzahl Stralen, die jeder, für sich betrachtet, die Empfin 
dung verschiedener Farben hervorrufen, vereint aber die Empfindung 
des Weiß geben. Dies laßt sich nachweisen. Man braucht nur zu 
diesem Zweck die Nadel oder den weißen Papierstreif so zu drehen, 
daß seine Richtung senkrecht auf die Kanten des brechenden Prisma's 
wird, anstatt ihnen parallel zu seyn. Dann erscheint das obere Ende 
des Bildes violett und das entgegengesetzte Ende roth; und ist der 
Gegenstand in seiner ganzen Lange von gleicher Dicke, so sind jenes 
zugleich die einzigen Theile des Bildes, welche gefärbt erscheinen, 
das ganze Innere aber ist weiß, als wenn die Stralen davon direct 
ins Auge fielen. Nun leuchtet ein, daß man durch das Drehen der 
Nadel oder des Streifens keine Veränderung in der Art, wie das 
Licht davon ausströmt, hervorbringt. Die Stralen, welche von jedem 
der Puncte dieser Gegenstände ausgehen, erfahren mithin noch die 
nämlichen Modisicationen im Prisma als vorher; d. h. die rothen 
Stralen werden am schwächsten, die blauen und violetten am stärk 
sten gebrochen. Wenn man also in der Mitte der Bilder keine solche 
Zersetzung in verschiedene Stralen beobachtet, so liegt darin ein Be 
weis, daß die Stralen, welche von den verschiedenen hintereinander 
liegenden Puncten des Gegenstandes herkommen, durch ihr Ueber- 
cinanderfallen wieder Weiß zusammensetzen, und so durch ihre Ge 
sammtheit die weiße Farbe wieder hervorbringen, welche die Brechung
	        
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