144 Von der beweglichen Polarisation.
Polarisation, werden die polarisirten Strafen, welche durch einen
zweiaxigen Krystall nach der Richtung der Zwischenlinie hindurch
gehen, in ihrer Polarisation modificirt, wenn man den Krystall um
sich selbst dreht; dahingegen dies nicht der Fall ist, wenn der Kry
stall nur eine Axe hat, welches ein leichtes Unterscheidungsmittel für
diese beiden Falle gewahrt. Diesen Erfolg beobachtet man z. B.,
wenn man einen polarisirten Stral durch eine Platte blättrigen Gypses
gehen läßt, welche senkrecht auf die Zwischenlinie der Axen geschnitten
ist, und die Erkenntniß davon fallt nicht schwer, wenn man das
durchgegangene Licht mittelst eines achromatisirten Prismas von Is
ländischem Spath beobachtet. Auch hatte ich diese Veränderungen
bei meinen ersten Beobachtungen bemerkt und aufgezeichnet; aber
nicht die sich natürlich daraus ergebende Folgerung, daß sie von der
Gegenwart zweier Axen herrührten, gezogen. Endlich würde sich
auch der Fall zweier Axen, abgesehen von dieser Verfahrungsart,
leicht und sicher von dem einer einzigen nach den Gesetzen der Ver
doppelung der Bilder unterscheiden lassen, welche man nach andern
Richtungen als die Zwischenlinie beobachtet, durch die S. 336 Th. IV.
auseinandergesetzte Methode.
Die Lage der Axen der doppelten Brechung des blättrigen Gypses
in der Ebene der Blätter ist ein Umstand, welcher die Regelmäßig
keit der, mit dünnen Blättchen dieser Substanz anzustellenden, Ver
suche sehr begünstigt. Jedes solcher Blättchen, hätte es auch nur die
Dicke eines Hunderttheil Millimeters, ist ein eben so vollkommener
Krystall, als der ganze Krystall. Verbindet man mit dieser natür
lichen Disposition noch die Vorsicht, nur Krystalle anzuwenden,
welche vollkommen regelmäßig und von bestimmten Umrissen sind, so
wird es nicht schwer halten, die Blättchen, aus denen sie bestehen,
nach einander abzulösen, ohne irgend eine Beeinträchtigung ihrer
Regelmäßigkeit. Man braucht nur mit einem ganz feinen Instru
mente, z. B. einer Lanzette, den Anfang, wo die Blätter sich lösen
sollen, anzudeuten, worauf sie sich mit der Hand abheben lassen,
wie man ein Stück Goldschlägerhäutchen, welches an einer polirten
Marmortafel anläge, abheben würde. Ich bin genöthigt, alles dies
so ausführlich anzugeben; denn die besprochenen Vorsichtsmaßregeln
sind unerläßlich, um die Gesetze, welchen die Farbenerscheinungen
gehorchen, mit Schärfe festzustellen, ja selbst nur zu ihrer Beobach
tung gelangen zu können.
Nachdem wir also ein solches Blättchen abgelöst haben, wollen
wir es auf den Ring unsers Apparats mit zwei Spiegelgläsern brin
gen. Um eine feste Vorstellung zu Grunde zu legen, sey der Stral,
welchem man es darbietet, weiß, vertical, und in der Richtung des
Meridians polarisirt. Dann wird zufolge der auf S. 110 angege
benen Regel die Zurückwerfungsebene auf dem zweiten Spiegelglase
die Richtung der Verticalebene von Ost nach West haben müssen.
Wenn nun das Blättchen zwischeneingebracht und z. B. unter senk-