Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Von der beweglichen Polarisation. 
gebrochene Stral wahrend seines Durchganges senkrecht auf die bei 
den, in der Ebene des Blattes gelegenen, Axen. Somit sind hier 
die Winkel II und U' alle beide rechte; welches giebt sin II— 1; 
sin II"— 1; wonach die Reihe der Dicken dem bloßen Coefficienten 
k umgekehrt proportional wird. Im Bergkrystall, der nur eine ein 
zige Axe hat, sind die Winkel H und IT immer unter einander 
gleich; wenn somit die Blatter parallel mit dieser Axe geschnitten 
sind, und das Einfallen senkrecht geschieht, wie wir so eben voraus 
setzten, so werden diese Winkel auch rechte. Dann ist die Reihe der 
Dicken ebenfalls dem Coefficienten k umgekehrt proportional. Ver 
möge einer zufälligen Eigenthümlichkeit des Fraueneises und Berg 
krystalles sind diese beiden Werthe von k nicht merklich von einan 
der verschieden; so daß, um die nämlichen Farben unter senkrechtem 
Einfallen durch Blatter, welche auf die angegebene Art aus diesen 
beiden Substanzen geschnitten sind, zu erhalten, man ihnen gleiche 
Dicken geben muß. Diese Bedingung macht schon einen Grad der 
Dünne nöthig, der durch die Kunst ziemlich schwer erreichbar ist. 
Weit größer aber noch würde die Schwierigkeit werden, wenn man 
die nämlichen Erscheinungen durch Blatter von Isländischem Späth, 
die ebenfalls mit der Axe parallel geschnitten waren , hervorbringen 
wollte. Da nämlich diese Substanz nur eine einzige Axe besitzt, 
so würden auch hier die Dicken bei senkrechtem Einfallen ihrem Coef 
ficienten k umgekehrt proportional sich verhalten. Dieser aber ist 
nach der unmittelbaren Schatzung, welche die Beobachtungen der 
doppelten Brechung ergeben, ungefähr achtzehnmal so stark als der 
des Bergkrystalles. Somit müssen die Dicken der Blatter von Is 
ländischem Spath bei der vorausgesetzten Richtung des Schnittes 
achtzehnmal weniger betragen, als die der Blätter des Bergkrystal 
les, um dre nämliche Farbe II hervor zu bringen. Da also in die 
sen letzten Krystallen, welche so wenig Kraft haben, die Farbener 
scheinung in den, den Axen parallelen Blättern, sich nur bis auf 
sehr kleine Dicken zeigt, so muß es begreiflich beinahe so gut als 
unmöglich seyn, sie durch dasselbe Verfahren in einem achtzehnmal 
kräftigern Krystalle wahrnehmbar zu machen, der sich nicht von Natur 
in ' Blätter spalten läßt. Man wird jedoch dazu gelangen, wenn 
man Platten daraus nach andern Richtungen schneidet, welche so 
beschaffen sind, das; der veränderliche Factor sin II «in II", der für 
den Isländischen Spath zu «in'* U wird, weil dieser Krystall ein- 
axia ist, nur den Werth eines sehr kleinen Bruches erhält, anstatt 
der Einheit gleich zu seyn, wie so eben. Dies wird der Fall seyn, 
wenn die Winkel II II" alle beide sehr klein sind, d. h. wenn die 
gebrochenen Stralen während ihres Durchganges sehr wenig gegen 
die 'Axe des Krystalls geneigt sind. In der That geben selbst sehr 
dicke Platten von Isländischem Spath, wenn sie fast senkrecht auf 
die illxe geschnitten sind, Farben, und man erhält deren durch den- 
selbein Kunstgriff in Platten von allen Arren Krystallen, wenn ihr
	        
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