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Theorie der Oscillationen
zusammenfaßte, gelangte er zur Herleitung der Anwandlungen, durch
welche alle jene Erscheinungen erklärlich werden. Eben so werden
wir, wenn wir die allgemeinen Erscheinungen der beweglichen Pola
risation zusaminenfassen, uns darauf geführt sehen, daß sie sämmt
lich auf eine oscillatorische Bewegung der Polarifationsaxe der Licht-
theilchen zurückkommen.
Die erste dieser Erscheinungen betrifft die Richtung, nach wel
cher die Polarisirung erfolgt. Um von bestimmten Vorstellungen
auszugehen, wollen wir uns auf die Erscheinungen beschranken, die
wir am Fraueneis beobachtet haben. Wenn ein weißer, zuvor pola-
risirter, Stral senkrecht durch ein dünnes Blatt dieser Substanz
hindurchgegangen ist, so findet er sich aus zwei farbigen Bündeln
G, U zusammengesetzt, die durch die doppelte Brechung eines Kry-
stallprisma's oder durch Zurückwerfung von einem Spiegelglase ana-
lysirt, die Charaktere zweier verschieden polarifirten Stralen dar
bieten. Wenn CX, Fig. 8, Taf. XVIII die Richtung der ursprüng
lichen Polarisation und CM die Zwischenlinie der Axen des dünnen
Blatts ist, welche mit CX einen Winkel i bildet, so verhalt sich
das Bündel, welches wir mit G bezeichnet haben so, als wenn es
für sich nach der Richtung CX polarisirt wäre, und das ergänzende
Bündel F, als wäre es gleichfalls polarisirt, nach einer Richtung
XX', in gleichem Winkelabstande zur andern Seite der Linie CM.
Wenn das durch das Blatt hindurchgehende Licht einfarbig ist,
so theilt es sich ebenfalls zwischen den beiden angegebenen Polarisa
tionsrichtungen, und zwar in einem mit der Dicke des Blatts ver
änderlichen Verhältnisse. Jedes der beiden Bilder G, F ist hier
null bei gewissen Dicken; wächst dann mit zunehmender Dicke all-
mälig an Intensität, wird dein andern gleich, übertrifft es, und
zieht endlich alles durchgehende Licht an sich, wodurch nun das andre
Bild für sein Theil null wird. Diese Abwechslungen in der In
tensität folgen sich für beide Bilder in gleichen und jederzeit perio
dischen Abstufungen der Dicke. In allen diesen Phasen aber zeigt
immer eins der Bilder die Kennzeichen der Polarisation in der Rich
tung des Azimuts 0, das andre in der von 2i. Dies erkennt man
entweder unmittelbar, indem man die beiden farblosen Bündel den,
auf S. 153 und 154 beschriebenen, Prüfungen unterwirft, oder
mittelbar, wie auf S. 149, indem man die Art betrachtet, wie die
Bilder G, F durch ein Prisma von Isländischem Späth gemischt
werden, wenn sie, sofern sie durch Zersetzung des weißen Lichts ent
standen sind, jedes eine bestimmte und beständige Mischung einfacher
Stralen darbieten, welche das Auge auf eine eigenthümliche Weise
afficirt; wonach sich der Verhaltnißtheil unterscheiden läßt, den das
rhomboidale Prisma von jedem derselben gewöhnlich und ungewöhn
lich in den vcrschiednen Lagen, die man dem Hauptschnitt geben
kann, bricht.