Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

IW Farbenringe 
eine gegebene Platte irgend eines Krystalls successiv durch beweg 
liche Polarisation in irgend einer Lage hervorzubringen vermag, unter 
der man sie einem, aus parallelen, sämmtlich unter gleichen Win 
keln auf sie auffallenden, Pinseln bestehenden, polarisirten Stral 
darbieten mag. Man betrachte nun aber ein polarisirtes Bündel, 
das, anstatt aus parallelen, aus convergirenden Pinseln besteht, und 
bringe, nachdem man es durch die Krystallplatte hat hindurchgehen 
lassen, das Auge, mit einem achromarisirten Prisma von Isländi 
schem Spath oder einem Turmalin zur Analysirung der Polarisa 
tion des durchgegangenen Lichtes bewaffnet, an die Spitze dieses 
Kegels. Es leuchtet ein, daß die Farben U, welche durch die ver 
schiedenen Pinsel dieses Lichts hervorgebracht werden, nicht mehr 
einförmig werden seyn können, sondern sich von einander in ihrer 
Zusammensetzung unterscheiden müssen, wegen der ungleichen Ein 
fallswinkel, unter denen die Pinsel durch die Krystallplatte hindurch- 
zugehn haben, so wie auch ihre Intensität verschieden seyn muß, 
vermöge der verschiedenen Polarisationsrichtungen, welche diese näm 
lichen Pinsel gegen den Hauptschnitt der Platte vor dem Anlangen 
an das Krystallprisma gehabt haben. In der That stimmt hiemit 
die Beobachtung überein; vorzüglich bemerkenswerthe Erscheinungen 
aber ergeben sich dann, wenn die Axe des Lichtkegels mit einer der 
Axen des beobachteten Krystalls zusammenfällt. Denn da die pola- 
risirenden Kräfte auf dieser Axe selbst null sind, und dann um ihre 
Richtung zunehmen, so bilden die Farben derselben Beschaffenheit 
krumme Linien um dieselbe, die durch ihre Gestalt dem Auge das 
ganze Fortschreiten der vom Krystall geäußerten Wirkung offen 
baren. Die ersten Ringe dieser Art wurden von Arago in Plat 
ten von Bergkrystall beobachtet. Aehnliche hat der Dr. Brewster 
int Topas und Wollaston im Isländischen Spath bemerkt; 
ohne daß sie jedoch die Theorie ihres Entstehens und ihrer Gestalt, 
welche sich auf die Gesetze der beweglichen Polarisation gründet, 
damals schon kannten. Sie wurde zuerst in meinem größern Werke 
gegeben. 
Um die Einsicht in diese Theorie zu erleichtern, will ich sie erst 
für die einaxigen Krystalle auseinandersetzen und als Beispiel den 
Isländischen Spath nehmen. Dieses Mineral, welches die Vor 
theile vereinigt, sich sehr rein und leicht nach den Blätterdurchgän 
gen spalten zu lassen, und oft vollkommen rein und durchsichtig zu 
seyn, ist das beste, welches man anwenden kann, um die Ergeb 
nisse der Theorie bis in ihre einzelsten Umstände in der Erfahrung 
aufzusuchen, welche ihr immer entspricht. Nur macht die große 
Stärke der doppelten Brechung, die es äußert, erfoderlich, die gehö 
rigen Maßregeln zu treffen, um ihre Wirkungen auf die Oscillatio 
nen der Lichttheilchen so weit zu schwächen, daß die Farben in die 
Gränzen, welche die New ton sch e Tabelle umfaßt, treten. Offen 
bar wird man seinen Zweck erreichen, wenn man durch den Kry-
	        
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