Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

214 Von der Polarisation durch Drehung. - 
eingepflanzte Ablenkung unwandelbar die nämliche für die nämliche 
Zahl wirksamer, auf dem Wege des Lichtstrals vertheilter, Theilchen. 
Auch verlieren die mit entgegengesetztem Vermögen begabten Flüssig 
keiten nichts von ihrer eigenthümlichen Wirkung durch Vermischung 
mit einander, und der Erfolg ist der nämliche, als wenn sie (in 
Masse) nach einander auf die hindurchgehenden Stralen wirkten 
(da, wenn sie vermischt sind, immer nur die einzelnen Theilchen 
jeder Flüssigkeit nach einander auf den Lichtftral wirken). Woraus 
folgt, daß, wenn man sie in Verhältnissen des Volumens mischt, 
welche sich umgekehrt verhalten, wie ihre, für einen und denselben 
einfachen Stral gemessenen, Drehungskräfte, die Mischung neutral 
werden muß, d. h. so beschaffen, daß der hindurchgehende Stral, 
nachdem er successiv die entgegengesetzten Wirkungen aller Theilchen 
beider Substanzen erfahren hat, sich vollständig zu seiner ursprüng 
lichen Polarisation zurückgeführt findet, welches in der That in der 
vollkommensten Scharfe Statt hat, wie ich mich überzeugt habe. 
Diesem Fortbestehen der Wirkung geschieht selbst durch die kräftigsten 
chemischen Verbindungen kein Eintrag, wie ich ebenfalls bestätigt 
gefunden habe, indem ich das DrehungSvermögcn des künstlichen 
Kamphers maß, welches eine Verbindung von Terpentinöl mit Salz 
säure in festem Zustande ist; denn dies Vermögen zeigte sich genau 
so, wie es die angewandte O-uantität Terpentinöl mit sich bringen 
»nutzte. Und selbst die Verdunstung, dieses andere Extrem von Tren 
nung und Unabhängigkeit der Theilchen, raubt ihnen diese Eigenheit 
eben so wenig. Denn da ich einen polarisirten Stral durch ein 
langes System von Röhren hindurchgehen ließ, in welchein ein, auf 
einer hohen Temperatur erhaltener, Strom von Terpentinöl-Dämpfen 
circullrte, fand ich, daß diese Dämpfe noch ein Drehungsvermögen 
der nämlichen Beschaffenheit äußerten, als da sie in tropfbar ftüs- 
sigein Zustands waren. Ich habe diese Versuche, so wie die ganze 
vorstehende Theorie, in den Memoiren des Instituts für 1817 zur 
öffentlichen Kenntniß gebracht. 
Die Eigenheit, daß diese Kräfte den Theilchen der Körper selbst 
angehören, ohne in Abhängigkeit von ihrein Aggregatzustande zu 
stehen, »macht ihr Vorkoininen im Bergkrystatt, zumal mit entgegen 
gesetzten Richtungen der Drehung, noch merkwürdiger. Sollte es für 
die Theilchen dieses Krystalls zwei mögliche Arten der Gestaltung 
geben, oder sollte er beständig mit zwei Substanzen vermischt seyn, 
die ihm das eine oder das andere dieser Vermögen ertheilten? Hier 
über könnte die Chemie entscheiden. Die Ungewißheit, in welcher 
»vir uns in dieser Hinsicht befinden, giebt einer Entdeckung, welche 
Herschel der Sohn gemacht hat, großen Werth. Eine große 
Menge Krystalle des Bergkrystalls zeigen an ihren Seitenflächen 
kleine secuntare Facetten, deren Richtung schief gegen ihre Kanten 
ist, weshalb »nan sie plagiednsch nennt. Herschel hat gefunden, 
daß die Richtung dieser Schiefe gegen die Kanten der Krystalle immer
	        
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