auf die Erscheinungen der Polarisation. 235
sehen werden, ohne alle Rücksicht auf die Polarisationsrichtung, welche
die gebrochenen Bündel in der Platte selbst und in dem zur Ana-
lysirung des durchgegangenen Lichtes dienenden, rhomboidalen Prisma
erlangen. Indeß ist klar, daß diese Polarisationsart gerade die Ur
sache ist, welche gewisse Theile der gebrochenen Bündel bestimmt,
einer und der nämlichen Brechung im Rbomboid zu gehorchen; und
in dieser Vereinigung gleich gebrochener Theile ist es, in welcher die
Interferenz der Stralen Statt hat, welche ein und das nämliche
Bild zusammensetzen. Wie man sieht also, muß man, um die
Erscheinung nach diesem Systeme zu erklären, den im Prisma ver
schieden gebrochenen Bündeln physische Bedingungen beimessen, welche
an ihre Polarisationsrichtung geknüpft sind, und die Brechung so ge
stalten, wie es erfoderlich ist, um die Farben durch die Interferenzen
ihrer Stralen zum Vorschein kommen zu lassen. Diese Aufgabe hat
Fresnel mit vieler Gewandtheit gelöst. Allein die Resultate, auf
welche er gekommen ist, und auf welche die in die Beobachtung
fallenden Abwechslungen der Polarisation nothwendig führen, machen
es nöthig, den Lichtwellen mehrere sehr verwickelte Charaktere beizu
legen, die, da sie auf dem Erfahrungswege aus den Thatsachen,
nicht aber auf mathematische Weise aus den mechanischen Prinzipien
der Bewegung nach dem Undulationssysteme abgeleitet sind, eben so
viel physische Data dieses Systems, wie es durch Fresnel's An
sicht gestaltet wird, sind. Jedoch würde diese Modifikation allein
noch nicht hinreichen, die Farbenerscheinungen, welche die Polarisa
tion in den Krystallblättern zum Vorschein bringt, vollständig zu er
klären. Nothwendig müßte man auch den polarisirten Wellen innere
Bedingungen der Energie und der Geschwindigkeit beilegen, der Art,
daß aus ihrer wechselseitigen Interferenz nicht allein das Erscheinen
oder Nichterscheinen der Farben erklärlich würde, sondern auch ihre
relative Intensität in allen Fällen, wo sie zum Vorschein kommen,
und in allen Perioden ihrer Bildung. Nach dem von Fresnel
angenommenen analytischen Ausdrucke sind diese Intensitäten und
diese Perioden dem Gesetze einer stetigen Fortschreitung unterworfen,
das für alle Krystalle, für alle Richtungen des Schnitts das näm
liche ist, und immer mit demjenigen übereinstimmt, welchem die
durch Zurückwerfung in dünnen nicht krystallisirten Schichten ent
standenen, Farbenringe folgen. Nun hat uns die wirkliche Beob
achtung der Erscheinungen weiter oben gezeigt, daß weder diese Ste
tigkeit, noch diese Beständigkeit, noch diese Uebereinstimmung stand
haft und allgemein Statt finden. Man muß somit in das physische
Prinzip, welches man als Ursache annimmt, empirische Ungleich
heiten, um diesen Veränderungen zu entsprechen, einführen. Dies
hat im Emanationssysteme keine Schwierigkeiten, da hier alle Modi-
ficationen auf jedes unabhängige Lichttheilchen besonders bezogen und
in's Unbestimmte abgeändert werden können, uin sie den Erschei
nungen anzupassen. Weit schwieriger aber wird die Sache im Un-