Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Chemische Wirkungen des iichrö. 
kann^, so scheint doch so viel durch die vorigen Versuche dargethan, 
daß die chemische Wirksamkeit des Lichts im Allgemeinen so wie der 
Punct der stärksten chemischen Wirkung im Spectrum sich nicht nur 
nach Beschaffenheit der brechenden Mittel, durch welche es hindurch 
geht, sondern auch nach Beschaffenheit der Substanzen, welche der 
Wirkung unterworfen werden, andere; Umstande, welche in voll 
kommener Analogie stehen mit andern Ilmstanden, welche das Wär 
mevermögen der Stralen des Spectrums betreffen, und von denen 
später gehandelt wird. 
Es verdient Bemerkung, daß alle chemischen Wirkungen, welche 
das Licht zu äußern vermag, auch durch eine mehr oder minder hohe 
Temperatur scheinen hervorgebracht werden zu können, wie besonders 
Gay-Lussac und Thcknard durch ihre Versuche nachzuweisen 
bemüht gewesen sind. Dessen ungeachtet läßt sich die chemische Wir 
kung des Lichts nicht auf Rechnung einer durch dasselbe gleichzeitig 
bewirkten Temperaturerhöhung schreiben, weil zu den meisten sei- 
rrer Wirkungen eine nachweisbar größere Temperatur erfoderlich seyn 
würde, als das Sonnenlicht dabei hervorbringt; und weil die rothen 
Stralen, welche im Allgemeinen das schwächste chemische Vermögen 
zeigen, gerade umgekehrt das stärkste Wärmevermögen besitzend 
Arago hat die interessante und selbst theoretisch nicht un 
wichtige Beobachtung gemacht, daß, wenn man die Fransen, welche 
durch Interferenz zweier, an zwei gegen einander schwach geneigten 
Spiegeln reflectirter, Lichtbündcl entstehen, auf frisch bereitetes Chlor 
silber fallen läßt, sie schwarze Linien auf demselben hervorbringen, 
welche durch Zwischenräume von gleicher Größe und weißer Farbe 
getrennt sind, welches beweist, daß, wie die Sichtbarkeit, so auch 
die chemische Wirkung der Lichtstralen durch die Interferenz derselben 
abgeändert wird. 
An polarisirtem Lichte konnte Seeb eck keine andere chemi 
sche Wirksamkeit bemerken, als an nicht polarisirtem. 
Zuletzt mag noch eine die chemische Wirksamkeit des Lichts 
betreffende Erscheinung erwähnt werden, die wiewohl schon früher 
* In der That scheint die Schwärzung des weißen Chlorsilbcrs im weiße» 
Lichte hicmit nicht gut vereinbar. 
** Es wäre indeß wohl möglich, daß ein Zusammenhang beider Umstände 
Statt fände. Nach der Erscheinung, welche in der Wärmelehre näher betrachtet 
werden wird, daß die verschiedenen Körper durch gleiche Wärmemeiigen aus un 
gleiche Temperaturen kommen, läßt sich für gewiß ansehe», daß blos ein Theil der 
Wärme, die man in sie bringt, in freiem Zustande bleibt, der übrige aber ver 
schluckt wird, und wahrscheinlich ist cs dieser, welcher die chemischen Wirkungen 
hervorbringt. Nun wäre es möglich, daß die Quantität verschluckter Wärme bei 
den verschiedenen Stralen nicht proportional sey der Quantität frei bleibender 
Wärme, von der die Temperatur abhängt, und daß hicnach aus den Stralen des 
Sonnenlichts unter gleichen Umständen verhältnißmäßig mehr Wärmestralen ver 
schluckt würden, als aus den dunkle» Wärmestralen. 
*** Pogg. Aun. XII. 395.
	        
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