Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Einfluß der Oberflächen 
zeigt rms keine einen Körper, in welchem dies Vermögen ganz null 
sey. Selbst das Eis, welches uns bei der Berührung so kalt er 
scheint, würde erwärmend werden, wenn wir es in ein Zimmer 
brächten, in dem die Temperatur der Lust 20° unter Null ware; 
und eine Masse schmelzenden Eises, hier der Kugel eines Thermo- 
skops dargeboten, würde die Blase zurücktreiben, wie das, mit war 
mem Wasser gefüllte, Gesäß in den oben angezeigten Versuchen. 
Ein Gemisch von Schnee und Salz, bis auf 20° unter Null erkal 
tet, würde ebenfalls ein warmer Körper werden, wenn man es in 
eine Atmosphäre von —40° brächte. In allem Diesen, wie unsern 
Empfindungen selbst, darf man nichts Absolutes sehen, sondern blos 
einfache Unterschiede. Wir finden uns solchergestalt zu der Ansicht 
geführt, daß alle Körper die Wärine bei jeder Temperatur ausstra- 
len, nur mit ungleichen Graden der Intensität, welche von ihrer 
Natur, von dem Zustande ihrer Oberflächen und der Temperatur, 
auf die sie gebracht sind, abhängen. Hienach nun wird die Be 
ständigkeit der Temperatur eines Körpers in der Gleichheit der 
Quantitäten stralender Wärme bestehen, die er in gleicher Zeit aus- 
strömt und in sich einströmen läßt; und die Gleichheit der Tempe 
ratur zwischen mehrern, durch wechselseitige Stralung auf einander 
Einfluß äußernden, Körpern wird auf der vollkomnienen Compen 
sation der Quantitäten beruhen, die die Gesammtheit derselben und 
jeder einzelne durch wechselseitigen Austausch in jedem Augenblick 
einander mittheilen. Dies ist das sinnreiche Prinzip des beweg 
lichen Gleichgewichts,- welches der Professor Prevost in 
Genf aufgefunden har, ein Prinzip, das, richtig angewandt, und 
mit den besondern Eigenschaften der verschiedenen Oberflächen in ge 
hörigen Bezug gesetzt, zur Erklärung aller Erscheinungen, welche 
man bei der Vertheilung der stralenden Wärme beobachtet, vollkom 
men ausreicht. 
Genöthigt, auf die Hülfsleistung der Berechnung hiebei Ver 
zicht zu leisten, mittelst deren allein sich diese Erklärung ins Ein 
zelne verfolgen läßt, beschränke ich mich darauf, durch einige Bei 
spiele die allgemeinsten, sich daraus ergebenden, Folgerungen nach 
zuweisen. Fangen wir mit dem Gleichgewicht der Temperatur an. 
Wir wollen uns denken, ein Thermoskop sey in ein Zimmer ge 
bracht, dessen Theile alle eine gleiche Temperatur besitzen, und es 
werde lange genug darin gelassen, um diese Temperatur zu theilen. 
In dein nämlichen Zimmer habe man eine undurchsichtige Scheibe 
von beliebigem Stoff und beliebiger Gestalt, welche ebenfalls diese 
Temperatur besitze. Bietet man sie einer der Kugeln des Thermo- 
skops von Nahe oder von Fern dar, so wird die Blafe nicht aus 
der Stelle weichen. Der Grund davon ergiebt sich leicht. Vor der 
Annäherung der Scheibe empsieng die Kugel in jedem Augenblick 
von den Wänden Und von der Luft des Zimmers eine gewisse 
Quantität. theils direct stralender theils zurückgeworfener Warme-
	        
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