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Einfluß der Oberflächen
zeigt rms keine einen Körper, in welchem dies Vermögen ganz null
sey. Selbst das Eis, welches uns bei der Berührung so kalt er
scheint, würde erwärmend werden, wenn wir es in ein Zimmer
brächten, in dem die Temperatur der Lust 20° unter Null ware;
und eine Masse schmelzenden Eises, hier der Kugel eines Thermo-
skops dargeboten, würde die Blase zurücktreiben, wie das, mit war
mem Wasser gefüllte, Gesäß in den oben angezeigten Versuchen.
Ein Gemisch von Schnee und Salz, bis auf 20° unter Null erkal
tet, würde ebenfalls ein warmer Körper werden, wenn man es in
eine Atmosphäre von —40° brächte. In allem Diesen, wie unsern
Empfindungen selbst, darf man nichts Absolutes sehen, sondern blos
einfache Unterschiede. Wir finden uns solchergestalt zu der Ansicht
geführt, daß alle Körper die Wärine bei jeder Temperatur ausstra-
len, nur mit ungleichen Graden der Intensität, welche von ihrer
Natur, von dem Zustande ihrer Oberflächen und der Temperatur,
auf die sie gebracht sind, abhängen. Hienach nun wird die Be
ständigkeit der Temperatur eines Körpers in der Gleichheit der
Quantitäten stralender Wärme bestehen, die er in gleicher Zeit aus-
strömt und in sich einströmen läßt; und die Gleichheit der Tempe
ratur zwischen mehrern, durch wechselseitige Stralung auf einander
Einfluß äußernden, Körpern wird auf der vollkomnienen Compen
sation der Quantitäten beruhen, die die Gesammtheit derselben und
jeder einzelne durch wechselseitigen Austausch in jedem Augenblick
einander mittheilen. Dies ist das sinnreiche Prinzip des beweg
lichen Gleichgewichts,- welches der Professor Prevost in
Genf aufgefunden har, ein Prinzip, das, richtig angewandt, und
mit den besondern Eigenschaften der verschiedenen Oberflächen in ge
hörigen Bezug gesetzt, zur Erklärung aller Erscheinungen, welche
man bei der Vertheilung der stralenden Wärme beobachtet, vollkom
men ausreicht.
Genöthigt, auf die Hülfsleistung der Berechnung hiebei Ver
zicht zu leisten, mittelst deren allein sich diese Erklärung ins Ein
zelne verfolgen läßt, beschränke ich mich darauf, durch einige Bei
spiele die allgemeinsten, sich daraus ergebenden, Folgerungen nach
zuweisen. Fangen wir mit dem Gleichgewicht der Temperatur an.
Wir wollen uns denken, ein Thermoskop sey in ein Zimmer ge
bracht, dessen Theile alle eine gleiche Temperatur besitzen, und es
werde lange genug darin gelassen, um diese Temperatur zu theilen.
In dein nämlichen Zimmer habe man eine undurchsichtige Scheibe
von beliebigem Stoff und beliebiger Gestalt, welche ebenfalls diese
Temperatur besitze. Bietet man sie einer der Kugeln des Thermo-
skops von Nahe oder von Fern dar, so wird die Blafe nicht aus
der Stelle weichen. Der Grund davon ergiebt sich leicht. Vor der
Annäherung der Scheibe empsieng die Kugel in jedem Augenblick
von den Wänden Und von der Luft des Zimmers eine gewisse
Quantität. theils direct stralender theils zurückgeworfener Warme-