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Von den Dampfmaschinen.
Theil nieder, und fließt mit dem Wasser, welches aus dieser Ver
dichtung hervorgeht, durch die Röhre PGS' ab, worauf der Stem
pel P wegen der, nun unter ihm entstandenen, Luftleere durch den
Druck der Atmosphäre zum Absteigen vermocht wird. Man erhebt
ihn abermals durch neues Einlassen von Dampf; denn wenn, wie
wir voraussetzten, das Wasser in dem Dampfkessel kochend erhalten
wird, so hat der Dampf eine Spannkraft, welche der der Luft we
nigstens gleich kommt; und sein Zutritt unter den Stempel P reicht
somit hin, dem Drucke der Atmosphäre die Wage zu halten, worauf
der Gewichtsüberschuß von P' das Aufsteigen von P bewirkt, wie
bei unseren früheren Voraussetzungen. Andrerseits aber könnte der
Dampf, wenn er zu warm würde, durch die Macht seiner Elasti
cität das Zerspringen des Dampfkessels bewirken; deshalb bringt man
an seinem oberen Theile ein Sicherheitsventil S" an, das von Innen
nach Außen durch eine bekannte und bestimmte Kraft erhoben zu
werden vermag. So lange die Spannkraft des Dampfes der der
äußern Luft gleich oder schwächer ist, bleibt das Ventil geschlossen,
so wie aber diese Kraft gleich der der Atmosphäre plus dem Wider
stande, den das VenNl leistet, geworden ist, so entweicht der Dampf,
und man hat keine Explosion zu fürchten. Dessen ungeachtet aber
müssen die Wände des Dampfkessels noch stärker seyn, als diese
Gränze des Widerstandes zu erfodern scheint. Denn wenn der Dampf
in den kalten Cylinder hineinströmt, und sich verdichtet, so geschieht
dies mit so reißender Schnelligkeit, daß der neue Dampf, der sich
im Dampfkessel bildet, oft nicht zum augenblicklichen Ersätze desselben
hinreicht. Es entsteht für den Augenblick ein leerer Raum im Dampf-
kessel, und dieser kann nun, wenn seine Wände nicht hinreichende
Festigkeit besitzen, durch den äußern Luftdruck, der seines Gegenhaltes
beraubt ist, zersprengt werden, wie es wirklich einige Male geschehen
ist. Dieser Unfall läßt sich jedoch durch Anbringung eines zweiten
Sicherheitsventils verhüten, welches sich, wenn der äußere Druck zu
sehr die Oberhand gewinnt, von Außen nach Innen öffnet.
Nach dieser Auseinandersetzung scheint es, als ob, wenn die
Maschine einmal iin Gange ist, im Stempel und Pumpenstiefel nichts
weiter mehr vorhanden seyn könnte, als leerer Raum oder Wasser
dunst. Allein man muß nicht außer Acht lassen, daß das Einspritz
wasser auch Luft gebunden hält und diese im Pumpenstiefel fahren
läßt, weil es sich darin fast wie im leeren Raum befindet, und noch
außerdem, weil es darin durch die große Wärmemenge, die der Dunst
beim Tropfbarwerden entbindet, beträchtlich erwärmt wird. Glück
licherweise indeß wird diese Luft, da sie nur in kleiner Menge und
in einem kleinen Raume vorhanden ist, mit dem ersten Stoß des
hinzugelassenen Dunstes leicht durch das Ventil S ausgetrieben.
Die hier beschriebene Einrichtung der Dampfmaschine weicht von
den zuerst erfundenen etwas ab. Anfangs scheint man blos daran
gedacht zu haben, von der Spannkraft des Dampfes als bewegender
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