Full text: Lehrbuch der Experimental-Physik oder Erfahrungs-Naturlehre (Fünfter Band)

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Von den Dampfmaschinen. 
Kraft Gebrauch zu machen. Das sinnreiche Verfahren aber, den 
Dampf durch Erkalten zu verdichten, um einen leeren Raum zu 
Stande zu bringen, laßt sich nur bis 1696 zurückdatiren, und die 
Engländer schreiben seine Erfindung dem Capitän Savery zu, der 
es in einer Schrift, betitelt der Freund des Bergmanns (l’Ami 
du Mineur) bekannt machte. Die Art, wie er es in Anwendung 
zog, war noch sehr mangelhaft. Im I. 1705 gab ein anderer Eng 
länder, Namens New com men, der Maschine erst die hier beschrie 
bene Einrichtung, mit der sie, unter dem Namen der atmosphä 
rischen Maschine lange und mit Vortheil in Gebrauch war. 
Die Fortschritte jedoch, die die Physik und Mechanik in jetziger 
Zeit geinacht haben, müssen uns theoretisch auf zahlreiche Mängel in 
dieser Einrichtung Hinweisen. Als ein sehr großer war zuvörderst 
der anzusehen, daß bei der Maschine ein Arbeiter, und zwar ein 
verständiger Arbeiter angestellt werden mußte, um den Einspritzungs- 
Hahn und den Dampfhan jedesmal, wenn der Stempel seinen Lauf 
vollendet hatte, zu rechter Zeit zu öffnen und zu schließen. Eine 
gute Mechanik aber muß alle ihre Stücken durch bloße Wirkung 
ihres ersten Motors von selbst ohne fremde Beihülfe in Bewegung 
setzen. Einen andern wichtigen Uebelstand brachte der Eintritt des 
Dampfs in den kalten Cylinder mit sich, vermöge dessen eine große 
Menge Dampfes nutzlos verloren ging, ein Verlust, der bei jedem 
Kolbenzuge von Neuem eintrat, weil der Cylinder durch den Strom 
kalten Wassers, welcher das Verdichten bewerkstelligte, immer wieder 
erkaltet wurde. Diese Mängel, welche beim jetzigen Stande der 
Physik leicht in die Augen fallen, konnten jedoch damals der Auf 
merksamkeit weit leichter entgehen. Sie wurden im I. 1764 von 
Watt, einem Zöglinge und Freunde Blacks, wahrgenommen und 
verbessert. Da er sich zu jener Zeit in Glasgow befand, wo er 
Verfertiger mathematischer Instrumente war, übertrug man ihm die 
Ausbesserung eines kleinen Modells der Newcommenschen Maschine, 
welches der Universität dieser Stadt gehörte; und im Laufe der Ver 
suche, durch die er sie wieder in gehörigen Gang zu bringen suchte, 
bemerkte er, daß sie verhältnißmäßig mehr Kohle als die großen 
Maschinen verbrauchte. Begierig, die Ursache dieser Verschiedenheit 
zu erfahren, und in der Absicht, einem so großen Mangel abzuhel 
fen, stellte Watt eine Menge Versuche über die Wahl der zweck 
mäßigsten Stoffe zur Verfertigung der Cylinder; die geeignetsten 
Mittel, eine vollkommene Leere hervorzubringen; die Wärme, bei 
welcher das Wasser unter verschiedenem Druck ins Sieden kommt, 
und die Wassermenge, welche erfoderlich ist, unter dem gewöhnlichen 
Luftdruck ein gegebenes Volumen Dampf zu erzeugen, an. Eben so 
bestimmte er auch mit Schärfe die Menge Kohle, welche zur Ab 
dampfung eines bekannten Gewichts Wasser erfodert wird und die 
Menge kalten Wassers, die ein gegebenes Gewicht Dampf niederzu 
schlagen vermag. Da er über diese Puncte zu genauen Bestimmungen
	        
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